Kunsteisbahn wird abgetragen
Startschuss für Abriss: Olympiasieger Loch besucht Hausbahn am Königssee
Mittagspause am Königssee. Der große Bagger steht neben dem vom Unwetter zerstörten Abschnitt der Kunsteisbahn. „Der Abriss geht gleich los“, sagt Alexander Resch, Vorstand Leistungssport-Management beim Bob- und Schlittenverband für Deutschland (BSD). Auf Blitzbesuch ist auch Felix Loch: Das Großprojekt an seiner Hausbahn interessiert den Dreifach-Olympiasieger natürlich.
Schönau am Königssee – Leise rollt Felix Loch in seinem elektrischen BMW die Straße hinauf. „Ich wollte jetzt auch mal an der Bahn vorbeischauen“, sagt der 34-jährige Rodler. Ein Lächeln überzieht sein Gesicht. Dieser Tag ist ein besonderer. Weil endlich - und nach mehr als zweieinhalb Jahren – der Startschuss für den Wiederaufbau gefallen ist und weil die schweren Bagger mit dem Abriss begonnen haben. Sie sollen den oberen Bereich räumen. Vorarbeiten, ehe der Wiederaufbau startet,
Loch ist einer der besten deutschen Rodler, einer der erfolgreichsten Wintersportler. Siebenmal hat er den Gesamtweltcup gewonnen, sechs Europameistertitel konnte er für sich beanspruchen, zudem wurde er 13-mal Weltmeister. Die Bahn am Königssee ist sein sportliches Zuhause. Beziehungsweise war es. Im Juli 2021 kam das Wasser, kam das Geröll – Alexander Resch zeigt auf eine schmale Stelle im Flußbett des Klingerbaches, über das einst die Kunsteisbahn drüberlief. „Ein echtes Nadelöhr“, sagt der ehemalige Rodler, „dort blieb alles hängen.” Damit meint er all die Baumstämme und Steine, all das, was vom dahinter liegenden Berg nach unten geschwappt war und sich schließlich über das Ufer des Wildbachs ergoss – mit letztendlich zerstörerischer Gewalt.
Keiner kennt die Bahn so gut wie Felix Loch
Der 45-jährige Resch kennt die Bahn ebenso gut wie Loch. Mit seinem Doppelsitzer-Partner Patric Leitner gewann er für Deutschland olympisches Gold in Salt Lake City. 22 Jahre ist das jetzt her. „Früher”, sagt Alexander Resch, „war der Start der Herren noch weiter oben als bisher.“ Auf einem Bronze-Schild an einer Wand steht das Jahr 1969 geschrieben. Mit dem Wiederaufbau der Bahn wird der Startbereich wieder deutlich nach unten verlegt.
Die Bagger tragen in den nächsten Wochen und Monaten die Bahnverschalung ab und reißen das noch intakte Herrenstart-Haus ab. Sie werden bis Juni alles entfernen, um Platz zu schaffen. Denn der Klingerbach, das wasserführende Gewässer, soll später nicht nur verlegt werden, sondern es muss auch ein Loch geschaffen werden. Denn hier hinten wird ein Rückhaltebecken mit einer Dosiersperre entstehen. Erst im Oktober geht es mit diesen mit viel Aufwand verbundenen Arbeiten los. Tausende Kubikmeter Geröll könnten darin aufgefangen werden, ohne dass Gefahr besteht – sollte es abermals zu einem vergleichbaren Ereignis kommen.
Eine Handvoll Arbeiter demontieren aktuell alles, was zu demontieren ist, alte Halogen-Scheinwerfer etwa, Verkleidungen aus dem Innenraum des Starthauses. „Das muss alles sortiert werden und geht dann ins Recycling”, sagt Alexander Resch. Später kommt der Bagger und macht das ehemalige Starterhaus platt. Die Bahnverschalung wird Stück für Stück rückgebaut.
„Es wird Zeit“
Felix Loch steht im noch intakten Teil der Bahn hundert Meter weiter unten. Sein Blick fällt bahnabwärts: „Es wird Zeit, dass der Nachwuchs hier wieder trainieren kann. Es hat lange genug gedauert”, sagt der Rodler voller Zuversicht: Ende 2025 könnte die Bahn wieder in den vorzeitigen Betrieb gehen. Dann muss der Nachwuchs, der derzeit noch immer nicht am Königssee, sondern weiterhin im österreichischen Innsbruck trainiert, keinen weiten Anfahrtsweg mehr auf sich nehmen. „Das ist für einige wirklich belastend”, sagt Alexander Resch. Sein Ziel ist es, die Jugend „bei der Stange zu halten”. Denn Fakt ist auch: Einige Jungsportler haben aufgehört, weil der Aufwand zu groß ist: Zwei Stunden Hinfahrt, zwei Stunden Rückfahrt. Das eigentlich Wichtige, das Training, kommt dann für die Jugend noch obendrauf. „Ich bin optimistisch, den Nachwuchs mitzunehmen, bis wir am Königssee wieder fahren können”, sagt Alexander Resch.
Ende kommenden Jahres wird die Bahn noch nicht fertig sein. Auch der neue Startturm wird bis dahin nicht gebaut sein. Bis 2027, rechnet BSD-Manager Resch, soll die 53-Millionen-Euro-Sanierung abgeschlossen sein, wenn alles gut geht. Die ersten Fahrten könnten aber schon in eineinhalb Jahren stattfinden.
Felix Loch ist jetzt 34 Jahre alt. Ans Aufhören denkt er aktuell noch nicht. Diese Woche geht es für ihn wieder los. Der Startschuss seiner sportlichen Vorbereitung für die kommende Saison. Er ist guter Dinge, bald wieder auf der Hausbahn unterwegs zu sein. Ein Comeback wird es für ihn also in jedem Fall geben: „Egal, wann die Kunsteisbahn fertig ist, ich werde nochmal drin sitzen und herunterfahren“, sagt er.
Kilian Pfeiffer