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„Mir geht es nicht um Geld“

Messermacher Robert aus Schönau über seine Tätigkeit und welche skurrile Anfrage er abgelehnt hat

Funkenflug bei der Arbeit: Rob arbeitet an einem Rohling.
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Funkenflug bei der Arbeit: Rob arbeitet an einem Rohling. 

 Im kleinen Holzverschlag hinter dem Haus erhellt der Funkenflug den nur wenige Quadratmeter großen „Man Cave“. Es ist der Rückzugsort von Robert Eberle, auch bekannt als Rob. Eberle ist Messermacher. Das Handwerk ist sein Ausgleich zum Berufsalltag als Betreuer adipöser Jugendlicher. Das Hobby schafft ihm innere Freiheit und anderen eine riesige Freude. Messer sind Lebensbegleiter und so manches Mal ein Geschenk für einen Lebensretter.

Schönau am Königssee - Robert Eberle empfängt mit Mütze und der Frage, ob ein Kaffee am frühen Morgen denn erwünscht sei. Rob stammt aus Geisenfeld, in der Nähe von Ingolstadt, und gerade eben hat er ein bisschen Freiraum. Schichtdienst hat er erst später. Er arbeitet hauptberuflich in einer Einrichtung für übergewichtige Jugendliche in Bischofswiesen. 

Die Sache mit den Messern verfolgt ihn schon ein ganzes Leben. „Ich war der, der öfter draußen war als drinnen.“ Mehr Lagerfeuer als Feuertopf. Das Messer gehörte in jedem Fall dazu. „Ein Taschenmesser kann man immer brauchen“, sagt der 42-Jährige. Der eine schnitzt, der andere öffnet damit sein Paket. Robert Eberle weiß: Messer sind im alltäglichen Gebrauch dienliche Werkzeuge. 

Rückenverletzung beendet sportlichen Traum

Warum das Messer heutzutage einen besonderen Stellenwert im Leben des Wahl-Schönauers spielt, hat einen Grund: Mit 20 Jahren begann er mit Kampfsport, 13 Jahre davon intensiv. Kampfsport gehörte einfach dazu. Drei- bis viermal die Woche Training: Das war ein guter Ausgleich für den studierten Pädagogen. Eine Verletzung am Rücken beendete jedoch den sportlichen Traum. Der Ausgleich war weg. Ebenso die Perspektive. 

Heute steht Messer-Rob in seiner kleinen Werkstatt und fühlt sich damit prächtig. Vor sechs Jahren startete er sein ganz spezielles Hobby, in dem die handwerklichen Fähigkeiten nicht zu vernachlässigen sind. „Ich habe schon immer an meiner Vespa und den Motorrädern geschraubt“, sagt der Mann mit dem Vollbart und der weichen Stimme.

Selbstkreation „Berti“

Im Mittelpunkt steht Robert Eberle eigentlich gar nicht gern. Lieber in der Werkstatt. Dort lagert der Stahl für die Messer und all die „Bertis“. Bertis sind eine Selbstkreation des bayerischen Messermachers. Kleine, handliche Werkzeuge mit lederner, selbst kreierter Messerscheide. Sein Design, seine Kunst, die Griffgestaltung inklusive.  

Mit den wenige Zentimeter langen Bertis hat sich Robert Eberle in der durchaus gar nicht kleinen EDC-Messerszene einen Namen gemacht. „EDC“ steht für „Every Day Carry“ - Messer für den alltäglichen Gebrauch. Auf Instagram ist er als „Rob Steel Knives“ sehr aktiv - Robs Messer aus Stahl. Die, die ihn verfolgen, stammen von überall her. Selbst aus Amerika hat er Anhänger.

„Mir geht es nicht um Geld“

„Werkzeug darf schön sein. Je individueller, umso besser“, sagt Robert Eberle und zeigt ein Unikat, das er kürzlich im Auftrag fertigen ließ. Das Messer mit dem einzigartigen Griff erzählt Geschichte. „Genau mein Ding“, sagt der Vater einer Tochter mit einem Lächeln im Gesicht. Das Messer ist ein Geschenk der Frau an einen Lebensretter.

830 Grad Celsius heiß ist die Klinge, die Messermacher Robert Eberle mit der Zange hält./In jedes Messer werden Kerben in den Rücken der Klinge geschlagen.

In den Griff ist ein Stück dessen Hose eingearbeitet, die er trug, als er vor zehn Jahren in einem Höhleneinsatz Teil des Rettungsteams war. Die lederne Messerscheide ist mit einem Text versehen, an den Beschenkten gerichtet. „Persönlicher geht einfach nicht“, sagt Robert Eberle. Messermachen ist für ihn eine Art Sucht. „Mir geht es nicht um Geld, sondern um die Freude an der Sache und den Ausgleich.“ 

Wichtigstes Utensil ist der Bandschleifer

Der 42-Jährige hat sich die Messermacherei in Eigenregie beigebracht. Bohrmaschine und Flex hatte er sowieso. Eine Werkstatt entsteht nicht an einem Tag. Es ist ein jahrelanger Prozess. Später kam der Bandschleifer hinzu, das wichtigste Utensil überhaupt - zum Schärfen der Klinge - und der Härteofen, der aus einem weichen Stück Stahl einen unzerstörbaren Lebensbegleiter macht. 

Autodidaktisches Arbeiten liegt dem Handwerker. Er hat zeit seines Lebens viel probiert. Er ist dabei oft gescheitert. Nicht jeder Rohling wurde am Ende ein Messer. „Das gehört halt dazu“, sagt er. Mit der Flex durchdringt er ein Stück Carbon-Stahl. Die Funken fliegen in die Höhe. Es riecht nach heißem Metall, scharf und fast beißend, begleitet von einer rauchigen Note. Atemschutz ist Pflicht.

Arbeit ist grenzenlos

Die Wahl des Materials ist Kundensache. Messer-Rob weiß aber, was ihm gefällt: „Auf jeden Fall keine glatt polierten Klingen.“ Struktur mag er. Damast sowieso. San-Mai-Stahl wird in traditioneller japanischer Technik hergestellt - ein harter Stahl laminiert zwischen zwei weichen Schichten. Besonderes Material kann schon mal teuer sein. „Das darf man dann nicht verkacken.“

Fakt ist: Es gibt unzählige Möglichkeiten, eine Klinge zu gestalten. Eine Veredelung mit Säuren etwa - damit lassen sich die einzelnen Lagen des Damasts besser sichtbar machen. Für den Messermacher typisch ist der Einschlag kleiner Kerben in den Rücken der Klinge mittels eines Hammers. „Rock finish“ nennt er das Ganze. „Man findet bei mir keinen geraden Rücken“, sagt er.

Selbst die Überreste nach der Erhitzung im Brennofen, die Härtehaut, verleihen Stahl eine besondere Note. In der Ecke lehnt ein Stück Wasserrohr, gefüllt mit Steinen. Ein „Waschgang“ darin: „Und wir haben einen Used-Look.“ Die Arbeit mit verschiedenen Stählen ist grenzenlos. Robert Eberle mag es, wenn der eigene Geschmack im Endprodukt zum Vorschein kommt. 

Heizung als Sitzgelegenheit im Sommer

Auf einem kleinen Stempel prangt sein Logo. Sein Schwager hat es entworfen. Es zeigt einen Berg, darin ein Messer. Genial einfach. Sein Logo schlägt er in jede Schneide. Über der Werkbank kleben Aufkleber an der Holzwand. Oben hängt ein massiver Rinderschädel, unten drunter rostige Klingen vergangener Tage. Auf der Werkbank flimmert Stahlstaub. 

Robert Eberle sitzt auf einem Mini-Radiator und bearbeitet den Rohling am Bandschleifer. „Im Winter wärmt mir die Heizung den Hintern, ansonsten dient sie als gute Sitzgelegenheit“, sagt er, während er kurz darauf die Bohrungen für jene Pins umsetzt, die später den Griff dauerhaft mit dem Stück Stahl verbinden werden. 

Kuriose Anfrage lehnte er ab

Die Herstellung der Griffe spielt für den Messermacher mittlerweile eine zentrale Rolle beim Entstehungsprozess. Wie ein Griff entsteht, hat er sich nach und nach angeeignet. Messer-Rob bezeichnet es als Wissenschaft für sich. Er nutzt dafür verschiedene Materialien.

So individuell wie möglich: Klingen und Griffe.

Sein Lieblingsmaterial ist dabei Micarta, ein robustes Verbundmaterial, das durch die Kombination verschiedener Schichten von Papier, Leinen, Baumwolle oder anderen Geweben mit Kunstharz in einer kleinen Vakuumkammer hergestellt wird. Manchmal setzt er auch auf gestocktes Altholz - oder Kork. Wie etwa bei seinem Kochmesser in der Küche, eines seiner persönlichen Meisterwerke: gestockte, stabilisierte Buche mit Kork und Glasfaserverbundstoff. 

Einmal hatte ein Kunde einen Wunsch, der Robert Eberle schlucken ließ. Einen Oberschenkelknochen eines Menschen wollte dieser als Griff für sein Messer haben. “Tatsächlich ging mir das etwas zu weit”, sagt der Klingenbauer - und lehnte ab.    

„Bertis“ sind frech, kompakt und praktisch

Rund vier Dutzend Messer nennt Robert Eberle sein Eigen. Viele davon hat er selbst gemacht. Viele davon behält er. Es waren schon mal deutlich mehr. Auf eine Nummerierung seiner Messer hat er immer verzichtet. Wenn ein Messer „keine Seele“ hat, dann ist er schon mal bereit zu tauschen. In Facebook ist die weltweite Messerszene groß, ebenso auf Instagram. 

Vor einiger Zeit hat er einem guten Bekannten einen Tomahawk gefertigt. Ein Tomahawk ist eine Art kleine Axt, die ursprünglich von den indigenen Völkern Nordamerikas verwendet wurde. Sie haben häufig einen langen, schlanken Griff und eine scharfe, breite Klinge. „Das hat mich ganz schön gefuchst“, sagt Robert Eberle. Ein zweites Mal möchte er keinen Tomahawk bauen müssen. Er besinnt sich lieber auf seine kleinen „Bertis“: Frech, kompakt und praktisch. „Für mich sind meine Messer ein Lebensstil.“

kp

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