Bald sollen 100 Flüchtlinge nach Schönau/Königssee ziehen
Diskussion um Schapbachhof: Ein Gemeinderat spricht sogar von „Diktatur“
Viele Fragen gibt es zum Übergangswohnheim Schapbachhof. Die Regierung von Oberbayern hat das ehemalige Schülerferienheim angemietet. Schon bald sollen dort bis zu 100 afghanische Personen einziehen. Nicht jedem Gemeinderat ist das recht.
Schönau am Königssee – Alle Szenarien, die der Gemeinderat im Vorfeld durchgespielt hatte, um das zu verhindern, halfen am Ende nicht. Das Argument, dass Integration in dem abseits gelegenen Gebiet nicht möglich sei, interessierte die Regierung nicht, sind sich die Räte sicher. Die einen haben Angst vor dem Neuen, die anderen um ihre Kinder. Die Befürchtungen sind so groß, dass Beppo Maltan darum bittet, den angekündigten Sicherheitsdienst täglich mitzuschicken: Damit heimische Kinder sicher zum Schulbus kommen. Maltan sagt auch, dass der Tourismus in der mit Touristen reich gesegneten Gegend leiden könnte. “Es hat schon einige Stornierungen gegeben”, weiß der Gemeinderat. “Werden die Vermieter entschädigt werden?”, fragt er. Er meint diese Frage ernst.
“Diktatur”, sagt Gemeinderat Beppo Maltan, sei für jede Demokratie der Tod. Doch als genau solche empfindet er die Causa, die sich seit mehreren Wochen rund um das geplante Übergangswohnheim im Schapbachhof abspielt: “Die Regierung diktiert, der Gemeinderat hat keine Mitsprache”, so Beppo Maltan. Die Volksvertreter hatten sich einstimmig gegen den Plan der Regierung ausgesprochen, im ehemaligen und mittlerweile leerstehenden Ferienwohnheim am Ortsrand 100 afghanische Ortskräfte unterzubringen. Spätestens im Frühsommer sollen diese nun kommen, sagt eine eigens per Video zugeschaltete Regierungssprecherin.
Heim steht nur ein Jahr zur Verfügung
Sicher ist nun: Das Übergangswohnheim wird der Regierung von Oberbayern nur ein Jahr zur Verfügung stehen. So lange läuft der Mietvertrag zwischen dem Landkreis Schwäbisch Hall, dem der Schapbachhof gehört, und der Regierung. Mit dem Einzug des ersten Bewohners startet das befristete Zeitfenster. Die über Videoleinwand zugeschaltete Regierungssprecherin bestätigt das. “Die Aussage muss mit ins Protokoll aufgenommen werden”, fordert der Bürgermeister umgehend - als Beweis dessen, dass Regierungszusagen auch bindenden Charakter haben. Sobald die Ein-Jahres-Frist abläuft, hat die Regierung von Oberbayern zugesichert, die Bewohner auf andere Unterkünfte in anderen Landkreisen zu verteilen, sollten sie innerhalb des Zeitraums selbstständignoch keine Privatwohnung gefunden haben. Aktuell betreibt die Regierung von Oberbayern zwölf Übergangswohnheime. “Wir wollen am Ende nicht die kommunale Obdachlosenfürsorge übernehmen müssen”, schiebt Bürgermeister Hannes Rasp nach.
Klar ist: Das Verhältnis zwischen Gemeinde und Regierung ist angeschlagen. In der Verwaltung von Schönau am Königssee sind die Verantwortlichen angesäuert: Denn eigentlich sollten der kleinen Gemeinde keine weiteren Flüchtlinge und Asylbewerber mehr zugewiesen werden. Nun sind es afghanische Ortskräfte mit anderem Rechtsstatus geworden, die arbeiten und für mindestens drei Jahre bleiben dürfen.
“Wir sind bereits jetzt an unserer Leistungsgrenze angekommen”, sagt Bürgermeister Hannes Rasp immer wieder - und wird nicht müde, das gebetsmühlenartig und überall, wo er zugegen ist, zu wiederholen. Um seinen Standpunkt kund zu tun, ist er zuletzt kürzlich nach Berlin gereist, für eine TV-Aufzeichnung. Das Video, das noch immer auf YouTube zu sehen ist, klickten mehr als 100000 Menschen an. “Danke, dass du dich so für uns einsetzt”, so zollen die Gemeinderäte ihm Dankbarkeit.
Sanierungsarbeiten laufen
Aktuell wird der Schapbachhof im Regierungsauftrag auf Vordermann gebracht. Am Brandschutz gibt es, trotz Nutzungsänderung im Gebäude, kaum etwas zu ändern. Auf den Balkonen müssen ein paar Zwischenwände entfernt werden.
Die Zusicherung der Regierung: Es bleibt bei maximal 100 Personen, die zugewiesen werden. Unter Umständen könnten es nun auch afghanische Familien sein, die in Zukunft auf dem Einödhof am Fuße des Watzmanns einziehen. Die Regierungssprecherin geht von einer Maximalbelegung zwischen 80 und 90 Prozent aus. Die Gemeinderäte von Schönau am Königssee begrüßen die Nachricht, wenngleich das auch noch nicht mit letzter Sicherheit bestätigt ist. Bereits gesichert ist, dass das Übergangswohnheim 24 Stunden am Tag personell besetzt sein wird - ein Sicherheitsdienst ist außerhalb der Bürozeiten anwesend, sobald der Unterkunftskoordinator Feierabend hat.
Als “riesige Aufgabe” versteht es Gemeinderat Thomas Janzen, die Neuankömmlinge zu integrieren. “Der Standort wurde durchgedrückt. Da hätte man sich besser mehr Gedanken machen sollen”, sagt er.
Dann folgt am Ende die Frage nach dem Bildungsstand derer, die bald nach Schönau am Königssee ziehen werden. “Die Leute haben in der Regel höhere Abschlüsse”, so lautet die Antwort der Regierungsvertreterin. Viele Hochqualifizierte seien darunter, natürlich nicht alle.
“Kann man sich um die Leute bewerben”, will ein Gemeinderat am Ende wissen. Immerhin würde händeringend nach Arbeitskräften gesucht werden. “Wir hatten bereits Anfragen von Unternehmen”, bestätigt die Regierung. Die Menschen, die soeben noch als potenzielle Gefahr für Schulkinder dargestellt wurden, sind immerhin in der Arbeitswelt hochwillkommen.
kp