Schutz von Wohnhäusern und Bobbahn am Königssee
„Einwände weggewischt“: Bund Naturschutz fordert mehr Sicherheit am „Pulverfass“ Grünstein
Der Wiederaufbau der Bob- und Rodelbahn am Königssee schreitet voran. Doch der Berg dahinter wird nach Ansicht des Bund Naturschutz (BN) Berchtesgadener Land zu wenig gesichert. „Der Grünstein ist ein Pulverfass”, meint etwa Klaus Gerlach bei einer Versammlung in Berchtesgaden. Mehrere Mitglieder und ein Experte begründen ihre Kritik und stellen deutliche Forderungen auf.
Berchtesgaden/Schönau am Königssee - Dass die Bob- und Rodelbahn am Königssee nun wieder aufgebaut wird, damit hat sich der Kreisverband des Bund Naturschutz im Berchtesgadener Land mittlerweile abgefunden. „Es geht auch nicht darum, dass wir grundsätzlich gegen Sportstätten wären”, betont etwa Peter Wörnle. Doch für ihn liegt mehr im Argen.
Für die Mitglieder ist klar: Die angedachten Sicherungsmaßnahmen an der vor drei Jahren durch ein Unwetter zerstörten Bahn reichen bei Weitem nicht aus. Mit Volker Diersche ist beim Bund Naturschutz ein Geologe an Bord, der international publiziert hat. Der Bayerisch Gmainer hatte bereits vor über einem Jahr eine Ausweitung des Projektgebietes rund um die Kunsteisbahn öffentlich gefordert, weil seiner Meinung nach die vom Berg ausgehenden Gefahren größer sind als angenommen.
Bislang kein Gehör gefunden
Gehört wurde der Geologe bislang nicht. Volker Diersche sagt: „Alle Einwände wurden immer nur weggewischt.” Die Kunsteisbahn musste um jeden Preis wieder aufgebaut werden, sagt etwa BN-Mitglied Paul Grafwallner. Tatsächlich ist das vom Freistaat Bayern unterstützte Projekt der international angesehenen Sportstätte vollständig gefördert. Mehr als 53 Millionen Euro stehen zur Verfügung.
Das Georisiko ist nicht ausreichend untersucht worden.
Für Diersche ist klar: „Das Georisiko ist nicht ausreichend untersucht worden.” Im Grünstein liege weiterhin viel Gefahrenpotenzial. Darauf will der Geologe aufmerksam machen. Laut ihm reichen die geplanten Schutzzäune, insgesamt mehrere hundert Meter lang, nicht aus. Das gelte auch für das Rückhaltebecken. So sieht es auch die Vorsitzende des Bund Naturschutz im Berchtesgadener Land, Rita Poser.
Überhängende Felsen stellen Gefahr dar
Der 1304 Meter hohe Berg ist dem Watzmann nordöstlich vorgelagert und grenzt in Teilen an das Gebiet der Kunsteisbahn. Zerklüfteter Ramsaudolomit prägt seine Flanken. „Der Fels ist nicht nur deshalb gefährlich, weil viele Felsen weiter oben überhängend sind”, sagt Diersche.
Am Fuße des Grünsteins gibt es auch Wohnsiedlungen: Etwa die Vorbergsiedlung, die vor drei Jahren bei dem starken Unwetter von einer Mure heimgesucht wurde. Die Naturkatastrophe hatte in Berchtesgaden tagelang für Medienaufmerksamkeit gesorgt - auch, weil das Unwetter den oberen Teil der ältesten Kunsteisbahn der Welt zerstörte und dort einen zweistelligen Millionenschaden anrichtete.
„Falsche Voraussetzungen“
Diersche sagt nun, dass für die Planungen „vollkommen falsche Voraussetzungen” getroffen wurden. Die Mure, die 2021 vom Berg kam, sei deutlich mächtiger gewesen, als die Berechnungen vorgeben. Es gebe dafür auch ganz offensichtliche Fakten. „Das sieht man allein am Abrieb der Bäume”, meint der Experte. Die Massen an Gestein, die vom Berg kamen und auch noch immer dort oben verweilen, seien viel größer gewesen als es jene Zahlen vermuten lassen, anhand derer die Planungen für die Sicherungsmaßnahmen an der Kunsteisbahn stattfanden.
Man müsse sich die „Gesamtgeologie des Berges nochmals viel genauer betrachten”, sagt Klaus Gerlach, der von Geologe Volker Diersche in seinen Aussagen bestärkt wird.
Maßnahmen verzögern sich
Das Wasserwirtschaftsamt Traunstein, das nach dem Unwetter 2021 massive Sicherungsmaßnahmen im Umfeld des Berges angekündigt hatte, komme nicht so voran, wie man ursprünglich angekündigt hatte. Mehrere Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Unwetter wurden zeitlich nach hinten verschoben und sollen sich teils um Jahre verzögern.
Die am Fuße des Berges lebenden Schönauer säßen unweit eines „Pulverfasses”, sagt Gerlach. Irgendwann könnte es „krachen”. Im Notfall gehe es gar um „Leib und Leben”. Geologe Diersche bestätigt: „Der Berg ist labil.” Der Bund Naturschutz Berchtesgadener Land fordert nun Frühwarnsysteme, die ausschlagen, wenn Gefahr droht. „Wer Hirn hat, sollte auch mal nachdenken, wenn die Gefahr groß und offensichtlich ist“, heißt es von der Gruppe. (kp)

