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Etliche Verstöße mit manipulierten Fahrzeugen

Nach tödlichem Unfall am Roßfeld: Aktive Tuner-Szene beschäftigt Polizei auf Panoramastraße

Panoramastraße
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Deutschlands höchstgelegene Panoramastraße am Roßfeld lädt bei schönem Wetter zum Ausflug ein. Biker und Raser filmen dort auch Fahrmanöver, weiß man bei der Polizei.

„Ist nix für Flachfahrer und auf den Linienbus muss man auch aufpassen”, schreibt ein Motorradfahrer in einem Forum. Nach dem tödlichen Unfall am Roßfeld mit zwei schwer verletzten Berchtesgadener Mädchen ist die Debatte über verstärkte Kontrollen und Tempolimits auf Deutschlands höchstgelegener Panoramastraße (B999) in vollem Gang. Im Schussfeld: die Biker. Bei der Polizei weiß man um die Raser- und Tunerszene bestens Bescheid. 

Berchtesgaden - Vor wenigen Tagen erst hatte es eine Großkontrolle am Roßfeld gegeben. 52 Polizisten aus mehreren Bundesländern waren im Einsatz. In der Tagesbilanz wurden bei der Aktion 314 Kraftfahrzeuge kontrolliert. 155 Beanstandungen gab es, das sind 49 Prozent: „erschreckend hoch”, heißt es beim Polizeipräsidium Oberbayern Süd. Manipulierte Fahrzeuge sind auf der Bergstrecke auf der Tagesordnung, weiß auch Berchtesgadens Polizeichef Stefan Scharf.

Stefan Scharf, Erster Polizeihauptkommissar der Polizeiinspektion Berchtesgaden.

„Endlos langgezogene Kurven, eine unendliche Rechtskurve mit knapp 70km/h”, so beschreibt ein Motorradfahrer seine freudige Erfahrung auf der Rossfeldpanoramastraße. Als höchstgelegene Panoramastraße des Landes bietet sie atemberaubende Ausblicke auf die umliegenden Berge und Täler deutscher und österreichischer Seite. Wer in die Welt der Foren tiefer eintaucht, findet Kommentare, die nahelegen, dass auf knapp 1600 Metern Höhe auch mal kräftiger aufs Gas gedrückt wird.

Motorradclubs verabreden sich in WhatsApp-Gruppen, weiß man bei der Polizei Berchtesgaden. Auf Youtube existieren etliche Videos, in denen Fahrten auf der Mautstraße gefilmt werden. Auch der Motorradtrupp aus Österreich, dessen Mitglied den Unfall verursachte, eine vier- und eine siebenjährige Berchtesgadenerin schwer verletzte, und dabei selbst ums Leben kam, filmte die Rasermanöver. „Wir haben den Unfall am Roßfeld auf Video sicherstellen können”, bestätigt Stefan Scharf, Erster Polizeihauptkommissar der Inspektion in Berchtesgaden, auf Anfrage. Poservideos machen in sozialen Medien wie TikTok die Runde und sind beliebt bei jungem Publikum.

Viele Videos kursieren von der 15 Kilometer langen Strecke im Internet.

Laut vorliegenden Informationen trafen sich die 30 Beteiligten eines österreichischen Motorradclubs am Roßfeld, um den Bikern beim Posen zuzuschauen. Bei schönem Wetter tummeln sich oft hunderte Menschen zeitgleich entlang der Strecke des Roßfelds. „Es wurde auf Hinterrädern gefahren und Donuts gezeigt”, weiß Polizist Scharf. Ein „Donut“ ist ein Begriff aus der Autofahrer- und Motorradszene. Der “Donut” bezeichnet ein spezielles Fahrmanöver, bei dem ein Fahrzeug oder ein Motorrad im Kreis fährt. Dabei wird das Hinterteil durch gezieltes Gasgeben und Lenken zum Ausbrechen gebracht. Bei Motorrädern ist die Durchführung aufgrund der Zweiradkonstruktion schwieriger und erfordert mehr Geschick. Die Tuning-Szene sei am Roßfeld sehr aktiv, so Stefan Scharf. 

„Leider sind auch heute wieder Motorradfahrer auf dem Hinterrad vorbeigerast. Es scheint nicht den geringsten Eindruck auf die zu machen, die vielleicht die nächsten sind”, schreibt ein Facebook-Nutzer am Sonntagabend, einen Tag nach dem schweren Unfall. Mit mehr als 15 Kilometern Strecke ist die Panoramastraße nicht nur ein beliebtes Ausflugsziel entlang eines Bergkamms. „Eine Fahrt über die ganzjährig befahrbare Rossfeldpanoramastraße – ein unvergessliches Erlebnis”, heißt es auf der offiziellen Webseite, in deren Impressum das Staatliche Bauamt Traunstein vermerkt ist. Die Behörde ist für den Betrieb der Straße und deren Erhalt verantwortlich. 1,5 Kilometer Straße verlaufen über österreichisches Staatsgebiet. Dort oben gilt 70 Kilometer pro Stunde. 

Die Nutzung der Strecke lässt man sich viel Geld kosten. Jede Fahrt über die beschrankte Mautstraße kostet für einen Pkw neun Euro, für ein Motorrad 5,50 Euro. Lädt das zum Rasen ein?

Einmalige Ausblicke auf die umliegenden Berge genießen Besucher am Roßfeld.

Schwellen in der Straße zur Reduzierung des Tempos gibt es zumindest keine, weiß Stefan Scharf. „Bei anderen beliebten Passstraßen existieren solche”, weiß der Polizeibeamte. Eine schriftliche Anfrage beim Staatlichen Bauamt Traunstein blieb zunächst unbeantwortet. 

Die Behörden versuchen, die Situation durch regelmäßige Kontrollen und Überprüfungen der Geschwindigkeit in den Griff zu bekommen, bestätigt der Erste Polizeihauptkommissar. „Mehrmals im Monat kontrollieren wir.” Doch die Szene reagiert schnell. „Wenn wir gesehen werden, macht das sofort in den Chats die Runde”, weiß Scharf. 

Unweit des Ahornkasers am Roßfeld kam im vergangenen Jahr ein BMW-Fahrer von der Straße ab. Er hatte sich in der Kurve verschätzt - bei nicht angepasstem Tempo.

Trotz der Bemühungen ereignen sich am Roßfeld immer wieder schwere Unfälle. „Tödliche Unglücke gab es hier schon einige“, sagt Scharf und erinnert an einen Verkehrstoten im vorvergangenen Jahr - ein Motorradfahrer, der in den Gegenverkehr rauschte. Erst vor zwei Wochen kam einer von der Straße ab. „Nicht angepasste Geschwindigkeiten führen häufig zu Unfällen. Die 180-Grad-Kurven sind gefährlich”, sagt Stefan Scharf.

Historisch gesehen war die Roßfeldstraße schon immer eine beliebte Rennstrecke. Zwischen 1925 und 1928 fanden auf der damals steilen Sandstrecke von Berchtesgaden zum Obersalzberg Bergrennen mit Motorrädern und Autos statt. „Am 8. Juni 1968 kam der italienische Bergspezialist Ludovico Scarfiotti am Steuer eines Porsche 910 Bergspyder beim Training ums Leben. Die Organisatoren des Rennens waren damals der Automobilclub von Deutschland (AvD) zusammen mit dem Berchtesgadener Automobilclub (BAC)”, heißt es auf der Webseite des Staatlichen Bauamts Traunstein. Mittlerweile werden die jährlich stattfindenden Automobilausflüge aufs Roßfeld nicht mehr als „Bergrennen” bezeichnet, sondern als „Gleichmäßigkeitsveranstaltung”. Vom Temporausch: keine Spur.

kp 

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