Stadtrat diskutiert schlechte Unterbringung in Containern
Obdachlose in Bad Reichenhall: Dilemma zwischen Menschenwürde und Vermeidung von Anreizen
Am Stadtrand von Bad Reichenhall stehen fünf Container als Notunterkünfte für Obdachlose bereit. Die Bedingungen sind dort schlecht. Julia Schmied forderte im Stadtrat eine Ausweitung der Unterbringungsmöglichkeiten. Doch keiner möchte, dass dadurch mehr Menschen in die Stadt kommen.
Bad Reichenhall - Fünf Container stehen an der Staufenbrücke, direkt am Bahnübergang, für Obdachlose bereit. Zwei davon sind von Dauerbelegern blockiert. Eigentlich sollte eine Person dort nur ein bis zwei Nächte bleiben können. Einer der Container wird zudem für die Polizei freigehalten, falls Personen nachts aufgegriffen werden. Bleiben also faktisch nur zwei Container übrig – zu wenig für die Stadträtin Julia Schmied (fraktionslos). Denn: Es kämen immer mehr Obdachlose in die Stadt. „Nicht nur Migranten aus dem Grenzgebiet, Obdachlose auf der Durchreise, sondern auch Einheimische, die aufgrund von Mietrückständen oder häuslicher Gewalt ihre Wohnungen verlieren“, hieß es in ihrem Antrag, der am Dienstag (10. Oktober) im Stadtrat behandelt wurde. Schmied forderte darin weitere Unterbringungsmöglichkeiten für Obdachlose.
Keine Duschen in den Containern
Schmied verwies zunächst auf die schlechten Bedingungen: „Ich bin heute selbst von dort in die Stadt gegangen. Das sind 35 Minuten.“ Den Schlüssel bekommt man nämlich bei der Polizei, was, so Oberbürgermeister Dr. Christoph Lung (CSU), durchaus Sinn mache, da die Polizei als Anlaufstelle rund um die Uhr erreichbar ist. Zudem beklagte Schmied, dass es in den Containern keine Dusche gäbe. Die Obdachlosen hätten erst in 200 Metern Entfernung am Campingplatz die Möglichkeit zu duschen. Auch sei die Lage am Stadtrand für gesundheitlich eingeschränkte Personen und alleinstehende Frauen keine gute Lösung.
Keine Ausweitung gewünscht: „Das spricht sich herum“
Lung beanstandete, dass im Antrag einiges vermischt werde. „Wir müssen hier unterscheiden: Es geht um Menschen, die relativ kurzfristig kein Obdach haben und nicht um Wohnungslose oder -suchende.“ Bad Reichenhall sei außerdem nur für die Menschen zuständig, die in der Stadt obdachlos werden. Als klassisches Beispiel nannte er einen Brand. „Ich entnehme die Tendenz, das ausdehnen zu wollen. Dieser Antrag zielt darauf, weitere Unterbringungsmöglichkeiten zu schaffen. Das spricht sich herum und dann haben wir es nicht mehr mit Leuten aus der Stadt zu tun. Wir können nicht jedem helfen.“ Er bestehe darauf, dass die Aufnahme in die Container für Ausnahmen als Notunterkünfte beschränkt bleibe.
Friedrich Hötzendorfer (FWG) wunderte sich, dass die Polizei einen Container belegt. Schließlich gäbe es ja auf der Polizeistation Zellen. „Und warum gibt es Dauernutzer?“ Für solche Fälle stünden anderweitige Unterbringungsmöglichkeiten der WBG bereit. Zudem hätten diese Menschen Sozialhilfe- und Wohnungsansprüche. Man könne auch noch zusätzliche Stockbetten in den Containern aufstellen. Bei Bränden würden Familien ohnehin meist in Ferienwohnungen untergebracht.
Auch Dr. Pia Heberer (Grüne) störte sich an der „Vermengung von Leuten in Problemsituationen und Obdachlosen. Manche Einrichtungen kümmern sich um die Wiedereingliederung. Die Stadt sollte es sich dennoch zur Aufgabe machen, sich um Obdachlose zu kümmern. Für alle ein Dach über dem Kopf zu finden, wird aber nicht funktionieren.“
Keine Ausweitung des Angebots, aber Verbesserung der aktuellen Unterbringung in Sicht
Im Laufe der Diskussion wurde immer mehr klar, dass einerseits darauf geachtet werden soll, die Unterkünfte ja nicht zu attraktiv zu gestalten, um nicht noch mehr Menschen ohne Obdach anzuziehen. Andererseits waren aber auch viele Stimmen zu hören, die sich für eine menschenwürdige Unterkunft aussprachen. So lehnte es etwa Manfred Hofmeister (Bürgerliste) zwar ab, „massiv Unterkünfte zu bauen und Versorgung anzubieten.“ Schmieds Antrag solle aber als Anstoß gesehen werden, sich mit der Problematik zu befassen.
Vera Kaniber (FWG) erkundigte sich bei der Verwaltung, wie viele Obdachlose genau dort unterkommen. „Wir haben bisher niemanden abgewiesen und haben immer alle untergebracht. Drei Tage waren das längste“, erklärte hierauf Evi Ludewig. Sie könne auch für die nächste Sitzung die genauen Zahlen zusammentragen. Ludewig versicherte auch, dass man bei häuslicher Gewalt nicht einfach den Schlüssel überreiche, sondern andere Lösungen suche.
Lung machte nun ein Angebot: „Wir nehmen das Thema mit und schauen uns vor Ort an, was es braucht. Vielleicht bringen Maßnahmen ja Verbesserungen. Das Ordnungsamt soll sich mit der Caritas in Verbindung setzen und einen Vorschlag machen. Die Zahl ist nicht das Thema, aber so ist nicht alles optimal.“ Schließlich kam es zu einer Umformulierung von Schmieds Antrag, sodass es nicht mehr um die Ausweitung es Angebots ging: „Die Verwaltung wird beauftragt, in Zusammenarbeit mit Trägern der Wohlfahrtshilfe, die in diesem Bereich tätig sind, einen Vorschlag für Verbesserungsmöglichkeiten zur Unterbringung von Obdachlosen zu erarbeiten.“ Dieser Antrag wurde dann auch einstimmig angenommen.
Fritz Grübl (FWG) bat auch noch darum, einen Dauerbewohner nicht vor die Türe zu setzen. „Er ist Rollstuhlfahrer und hat sich da ein Reich geschaffen und Blumen gepflanzt. Bitte lasst ihn drinnen, er ist dort glückselig.“
mf
