Falsche Verdächtigung am Amtsgericht Laufen
Selbsternannter „Gangsta-Rapper“ wirft „Bullin“ Drogenhandel vor: „Ich war jung und dumm“
Die 24-jährige Bundespolizistin war nach ihrer Ausbildung ganz neu in der Dienststelle. Bei ihrem ersten Gespräch mit dem Dienststellenleiter ging es um einen schwerwiegenden Vorwurf: Sie soll in Salzburg Drogen angeboten und verkauft haben.
So hatte es ein Anrufer bei der Freilassinger Bundespolizei behauptet. Dieser Anrufer, ein 24-jähriger Handwerker, saß daher mit seiner Ex-Partnerin vor dem Laufener Schöffengericht, denn die 23-Jährige soll ihn zu diesem Anruf angestiftet haben.
Die Angeklagte und die Polizistin waren einst Kolleginnen und Freundinnen. Doch dann war die Freilassingerin mit dem Angeklagten zusammengekommen, der sich laut Vorsitzendem auf Videos als „Gangsta-Rapper“ präsentiert. Entsprechend ist seine Sprache, die der Anruf-Annehmer bei der Bundespolizei-Inspektion als „verwaschen“ und mit „Jugendslang“ durchzogen beschrieb.
Folgerichtig ist dabei die Ablehnung aller „Bullen“. Und so geriet die junge Beamtin ins Visier des Pärchens. An einem Vormittag im März schickte der Angeklagte folgende Chatnachricht: „bitte verpiss dich aus meinem Leben und das nur, weil du Bullin bist. Sorry, du bis keine Polizistin, du bis eine …. Staatsdienerin und ich lasse es nicht zu, dass eine Bedienstete, was für den Staat dient, in meine Wohnung kommt geschweige Kontakt mit (…) hat“ (…) „ihr arbeitet alle zusammen, das weiß ich ihr Staatsdiener Knechte“.
Knapp eine Stunde später hatte der Handwerker dann bei der Bundespolizei Freilassing angerufen, sich dort als „Lukas Fürst“ ausgegeben und behauptet, die junge Bundespolizistin würde in Salzburg Drogen anbieten oder verkaufen. Und so war dieser Vorwurf Thema bei ihrem ersten Gespräch mit dem Dienststellenleiter. Die Polizistin konnte den Vorwurf ausräumen. Die Chatnachricht wertete sie „nicht unbedingt als persönlichen Angriff.“
Vorsitzender Richter Martin Forster zeigte sich verwundert: „Sie glauben, dass die beiden sie nicht beleidigen wollten, fühlen sich aber trotzdem beleidigt und stellen Strafantrag.“ Ob sie denn bereit wäre, den zurückzunehmen, startete Rechtanwalt Hans Hafner als Verteidiger der 23-Jährigen einen Versuch. Hatte sich die Angeklagte bereits im Vorfeld bei der Bundespolizistin entschuldigt, so holte dies der Angeklagte im Sitzungssaal nach: „Diese kindische Art tut mir leid.“
Die 24-Jährige nahm schließlich beide Entschuldigungen an und die Strafanträge zurück, sodass nur mehr die falsche Verdächtigung blieb. „Es war klar, dass es zu Ermittlungen gegen die Polizistin kommen würde“, zeigte Staatsanwalt David Heberlein mögliche „gravierende Folgen“ auf. Für den sechsfach vorbestraften Handwerker beantragte er sechs Monate, für die es „keinesfalls“ Bewährung geben könne; die Angeklagte sollte wegen Anstiftung 90 Tagessätze à 40 Euro zahlen.
Professor Dr. Florian Eder zweifelte an der „Eignung“ als strafbare Tat, schließlich habe die für die Polizistin keine Folgen gehabt. Der Verteidiger des Handwerkers sah eher eine „Spontantat“, die sich unter den zwei Beteiligten wohl „aufgeschaukelt“ habe. Seinem alkohol- und drogensüchtigen Mandanten hielt er zugute, sich selbst um einen Therapieplatz gekümmert zu haben. Falls es zu keinem Freispruch komme, so sei eine Geldstrafe ausreichend. Den Antrag des Staatsanwaltes, den Haftbefehl wieder in Vollzug zu setzen, nannte Eder „hanebüchen“.
Verteidiger Hafner würdigte, dass seine Mandantin ganztags arbeite, sich um das gemeinsame Kind kümmere und den Unterhalt allein stemme, weshalb die beantragte Geldstrafe reduziert werden solle. „Es war eine schwere Zeit“, sagte die Angeklagte in ihrem Schlusswort, es tue ihr weh, wenn der Angeklagte nicht für die gemeinsame Tochter da sein könne.
Der erklärte: „Ich war jung und dumm. Ich habe aus den Fehlern gelernt und möchte nicht die nächsten Jahre im Knast verbringen.“ Die Gefahr besteht, denn die weit schwerwiegendere Anklage wurde zu Beginn der Verhandlung aus Zeitgründen abgetrennt. Die wirft dem Handwerker Handel mit Drogen in großem Stil ebenso vor wie einen Angriff auf einen Beamten, dem er mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben soll. Staatsanwalt Heberlein machte deutlich, dass dabei vermutlich eine Haftstrafe von mindestens drei Jahren herauskommen werde.
Von einem „Damoklesschwert“ sprach Martin Forster, was aus einer „Phase“ resultiere, in der den Angeklagten „Recht und Ordnung nicht interessiert haben“ und er „Ghettomäßig“ unterwegs gewesen sei. So sei dieses Urteil von sechs Monaten zur Bewährung nur ein „Etappensieg, aber die Schlacht ist noch nicht geschlagen.“
Der Freilassinger befindet sich derzeit in einer Therapieklinik. Die 23-Jährige hat wegen Anstiftung zur falschen Verdächtigung 60 Tagessätze zu je 35 Euro zu zahlen.
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