Stimmkreis Berchtesgadener Land
Landtagswahl 2023: Rudolf Kreuzeder (Linke) im Steckbrief und zu den wichtigsten Fragen
Bei der Landtagswahl 2023 in Bayern stehen im Stimmkreis Berchtesgadener Land elf Kandidaten zur Wahl. Wir stellen alle Kandidaten einzeln vor. Dieses Mal: Rudolf Kreuzeder (Linke).
Landkreis Berchtesgadener Land - Am 8. Oktober 2023 findet in Bayern die Landtagswahl 2023 statt. Im Stimmkreis Berchtesgadener Land treten elf Kandidaten an. Jeder Kandidat hat sich zu sechs Kernfragen geäußert. Hier sehen Sie die Antworten von Rudolf Kreuzeder (Linke).
Kandidaten-Steckbrief
Bitte stellen Sie sich kurz vor und formulieren Ihre Kernaussage, Ihre politischen Schwerpunkte und Ihre Motivation.
Rudolf Kreuzeder (47), Freilassing, Pflegefachkraft, in fester Beziehung, eine Tochter, Die Linke
Berufliches und ehrenamtliches Engagement: Generationenmanager, Stadtentwicklungsbeirat „Ältere Generation“, Bezirksfachbereichsvorstand bei der Gewerkschaft Verdi, Vorstand Die Linke Traunstein/BGL.
“Gerne besuche ich meinen Heimatverein ESV Freilassing im Max-Aicher-Stadion und den FC Bayern München in der Allianz-Arena. Ich fahre gerne (Motor-)Rad und liebe Musik, bevorzugt auf Vinyl oder Live.
Unsere Heimat steht für ein buntes, solidarisches Dahoam, in dem man nach seinen Vorstellungen frei leben kann. Besonders am Herzen liegt mir die soziale Gerechtigkeit in unserem Land. Ich stehe und engagiere mich für ein Bayern, in dem jede/r nach seiner Fasson ein gutes, selbstbestimmtes Leben nach eigenen Vorstellungen bestreiten kann.
Dies schließt natürlich Themengebiete wie bezahlbaren Wohnraum, Inklusion, Gleichstellung und Generationengerechtigkeit, Flüchtlingspolitik, Gesundheits- und Daseinsfürsorge, „gute Arbeit – gute Entlohnung“, sozialverträglichen Klima- und Umweltschutz sowie die Stärkung demokratischer Werte und Haltung gegen Faschismus ein.
Die Bandbreite an Themen ist schier endlos und im Grunde sind sie alle miteinander verknüpft und nicht separat zu betrachten.
Raubtier-Alarm in den Alpen
In den Bergen war zuletzt der Bär los. Auch der Wolf hält die Almbauern in Atem. Was ist zu tun?
Antwort: Seien wir doch mal ehrlich, der Bär und der Wolf werden aktuell doch nur aus wahlkampftaktischem Kalkül durch die Arena getrieben. Selbstverständlich hat die regionale Weidehaltung einen hohen Stellenwert und klar ist auch, dass die Nutztierhalter und Bauern mit ihren Problemen nicht alleine gelassen werden dürfen.
Es benötigt zuerst einmal eine Versachlichung der Diskussion. Zudem müssen Schutzkonzepte konsequent umgesetzt werden. Dies wird nicht ohne finanzielle Unterstützung möglich sein.
Wenn das Wetter verrückt spielt
Dürre, Waldbrände, Starkregen, Tornados - muss sich auch die Region auf deutlich mehr Wetter-Extreme einstellen? Wie kann sich Bayern wappnen? Und was kann Bayern zum globalen Kampf gegen den Klimawandel beitragen?
Antwort: Extremwetterereignisse werden auch in Bayern in Zukunft zunehmen. Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung werden nicht zum finanziellen Nulltarif zu machen sein. Auf lokaler Ebene ist eine konsequente Begrünung von versiegelten Innenstadtflächen umzusetzen.
Auch ein mögliche Reglementierung von „Schottergärten“ darf kein ideologisches Tabuthema mehr sein. Zudem müssen die Innenstädte mit ausreichend Trinkwasserbrunnen und Beschattung versorgt werden, da insbesondere vulnerable Bevölkerungsgruppen durch Hitzewellen gefährdet sind. Das Thema ist in seiner Gesamtheit sehr komplex.
Sämtliche „Blaulicht“-Organe gehören in ihrer Infrastruktur gestärkt und ausgebaut. Umweltschutz, Entsiegelung, Erneuerbare Energien und Maßnahmen zum Bevölkerungsschutz müssen in unserem Land für die Zukunft weiter gedacht werden und dürfen nicht mehr aufgrund parteipolitischer Ideologien und rein wirtschaftlicher Interessen ausgebremst werden.
Klimaschutz ist auch regional zu denken, und der Leitspruch „Think global – act local“ muss unter den nationalen und internationalen Bestrebungen einen gleichwertigen Stellenwert innehaben. Das Land muss finanzielle Reserven zur Verfügung stellen, um den Kommunen und Städten entsprechende Konzepte abzuverlangen. Wärme, Strom und Energie im Allgemeinen muss auf lokaler Ebene mitorganisiert werden, und das Land hat diese Ebene mit Rat und Tat zu unterstützen.
Flüchtlinge und kein Ende
Was muss der Freistaat beim Thema Flüchtlingsunterbringung aus Ihrer Sicht tun, damit die Kommunen die Aufgabe der Unterbringung von Flüchtlingen bewältigen können?
Antwort: Hier stößt mir schon die Überschrift sauer auf. Man kann Solidarität nicht eingrenzen. Asyl ist Menschenrecht, ohne Wenn und Aber und kann/darf unmöglich durch „Obergrenzen“ beschnitten werden. Europa wird sich nicht durch Abschottung vor flüchtenden Menschen „schützen“ können.
Durch den menschengemachten Klimawandel werden weltweit zusätzliche Fluchtbewegungen einsetzen, und deshalb muss Fluchtursachen-Bekämpfung oberste Priorität haben. Land und Bund müssen in die Pflicht genommen werden, die Kommunen und Städte bei der Unterbringung und notwendigen Integration vollumfänglich zu unterstützen.
Ein Mangel an dezentralen Unterbringungsmöglichkeiten bei gleichzeitigem massivem Leerstand von Wohnobjekten ist nicht zu vermitteln und sorgt neben steigendem Mietspiegel auch für Unmut in der Bevölkerung. Die Binsenweisheit, dass Integration keine Einbahnstraße ist und es – Stand jetzt – einen Berg an Verbesserungen braucht, ist unbestritten. Einem „Arm gegen ärmer“-Ausspielen, wie es von einigen Protagonisten auf dem politischen Parkett betrieben wird, muss die demokratische Parteienlandschaft im Konsens entgegentreten.
Medizin hängt am Tropf
Die heimischen Krankenhäuser machen gewaltige Defizite. Welche Möglichkeiten muss der Freistaat nutzen, um die medizinische Versorgung in Kliniken in der Region sicherzustellen und dabei auch das Personal vernünftig bezahlen zu können? Wie kann man generell die medizinische Versorgung verbessern und Medikamenten-Engpässe vermeiden, zumal in Tittmoning (Aenova) und Saaldorf-Surheim (Eurim-Pharm) gleich zwei Pharma-Riesen in der Region sitzen?
Antwort: Durch den demographischen Wandel und den Mangel an Fachkräften steht uns kein Pflegenotstand bevor, wir sind mitten drin. Dies darf aber nicht dazu führen, dass man sich auf medizinische Superzentren konzentriert und diese finanziell aufbläst, um im Gegenzug Krankenhäuser mit Grundversorgung ausbluten zu lassen.
Insbesondere in der ländlichen Region können nur dezentrale Lösungen der Schlüssel zu einer guten Gesundheitsversorgung sein. Ärzteverbunde nach genossenschaftlichem Vorbild können hier ein guter Ansatz sein. Zum Leidwesen der stationären und ambulanten Altenhilfe wurde mit der generalistischen Ausbildung eine vollkommen falsche Weichenstellung vorgenommen, welche die Träger in eine massive Personalkrise stürzt.
Hier ist eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen und eine bessere Bezahlung der Pflegekräfte – wie von der Gewerkschaft Verdi angestrebt – unumgänglich. Krankenhäuser dürfen nicht primär dem Zweck unterworfen werden, Gewinne zu erwirtschaften. Dies erwartet bei Feuerwehr und Polizei auch niemand.
Anstatt weitere Millionen in geplatzte Autobahnmauten zu investieren oder in zusätzliche Autobahnen, die zukünftig nicht mehr priorisiert werden dürfen, sollte uns unsere Gesundheit einen finanziellen Kraftakt wert sein. Die regionale Gesundheitsversorgung darf nicht alleine Aufgabe der Kommunen sein, hier sehe ich auch das Land in der Verpflichtung. Hier mit dem Ohr an den Bedürfnissen der Bevölkerung zu sein und regionale Besonderheiten in Entscheidungen einfließen zu lassen, ist für eine funktionierende Gesundheitsversorgung unumgänglich.
Bahnausbau in der Warteschleife
Der Ausbau der Bahnstrecke München-Mühldorf-Freilassing verzögert sich massiv bis Mitte 2035. Was kann der Freistaat tun, um das Genehmigungsverfahren und den Bau zu beschleunigen?
Antwort: Das Land muss die Ursachen der Verzögerungen klar, transparent und deutlich kommunizieren. Seit 30 Jahren arbeitet sich die Regierung in Bayern an Genehmigungsverfahren ab und geändert hat sich nichts.
Eine Stellschraube muss die Einbindung der betroffenen Bevölkerung sein, ohne deren Akzeptanz wird eine Transformation zu einem besseren ÖPNV und weg vom Individualverkehr kaum möglich sein.
Ihr Lieblingsthema
Ein Thema, das Sie für sehr wichtig halten, fehlt in der Liste? Etwa Wohnraum, Energiekosten, Bildung, Mittelstand oder Landwirtschaft? Dann nur zu! Nehmen Sie Stellung zu einem Thema Ihrer Wahl.
Antwort: „Tarifstärkung“ und „Stärkung der Arbeitnehmerrechte“.
Vorrangig sollten Kommunen angehalten sein, bei der Vergabe von Aufträgen auf eine unbedingte Tarifbindung achten. Dies sorgt für eine konkrete Verbesserung der Arbeitswirklichkeit der Beschäftigten.
Der branchenübergreifende Fachkräftemangel stellt die Wirtschaft und die Arbeitswelt vor neue Aufgaben und verlangt nach Lösungen. Diese müssen jetzt angegangen und nicht länger auf die lange Bank geschoben werden.
Bildungsurlaub, wie man ihn in fast allen Bundesländern kennt, muss in Bayern zeitnah im Gesetz verankert und umgesetzt werden. Bildung sorgt für mündige Arbeitnehmer/innen, ist eine gute Investition in politische und arbeitspolitische Bildung und fördert Demokratie.
Anmerkung der Redaktion: Die Antworten des Kandidaten/der Kandidatin wurden 1:1 von der Redaktion übernommen, inhaltlich nicht überarbeitet und müssen deswegen nicht die Meinung der Redaktion widerspiegeln.