Stimmkreis Berchtesgadener Land
Landtagswahl 2023: Michael Koller (Freie Wähler) im Steckbrief und zu den wichtigsten Fragen
Bei der Landtagswahl 2023 in Bayern stehen im Stimmkreis Berchtesgadener Land elf Kandidaten zur Wahl. Wir stellen alle Kandidaten einzeln vor. Dieses Mal: Michael Koller (Freie Wähler).
Landkreis Berchtesgadener Land - Am 8. Oktober 2023 findet in Bayern die Landtagswahl 2023 statt. Im Stimmkreis Berchtesgadener Land treten elf Kandidaten an. Jeder Kandidat hat sich zu sechs Kernfragen geäußert. Hier sehen Sie die Antworten von Michael Koller (Freie Wähler).
Kandidaten-Steckbrief
Bitte stellen Sie sich kurz vor und formulieren Ihre Kernaussage, Ihre politischen Schwerpunkte und Ihre Motivation.
Michael Koller (43), Fachlehrer, Berchtesgaden, Freie Wähler.
Beruflicher Werdegang: Mittlere Reife, Ausbildung zum Schreiner, Ausbildung zum Fachlehrer in Augsburg, Dozent am Staatsinstitut zur Ausbildung von Fachlehrern, seit 2008 Fachlehrer an der Realschule im Rupertiwinkel, seit 2016 Verwaltungsleiter im Pfarrverband Stiftsland Berchtesgaden.
Politisches Engagement: Seit 2020 stellvertretender Landrat im Berchtesgadener Land, Gemeinderat Berchtesgaden, Fraktionssprecher der Freien Wähler Berchtesgaden im Gemeinderat, langjähriges Mitglied im Vorstand der Freien Wähler Berchtesgaden, stellvertretender Vorsitzender der Freien Wähler Berchtesgadener Land, stellvertretender Vorsitzender der Freien Wähler Oberbayern.
Ehrenämter: Mitglied als Einzelpersönlichkeit im Diözesanrat des Erzbistums München und Freising, Mitglied im Dekanatsrat Berchtesgaden, Vorstand der Untersalzberger Weihnachtsschützen.
Die Beweggründe für meine Kandidatur: Die Freien Wähler Berchtesgadener Land haben mich als Direktkandidat für die Landtagswahl am 8. Oktober 2023 nominiert. In den anderen Stimmkreisen bitte ich um Ihre Zweitstimme auf der Liste 3, Platz 8.
Bayerisches Lebensgefühl, die kulturelle Vielfalt und die landschaftliche Schönheit unseres Landes sind auf der ganzen Welt bekannt. Dafür sind wir dankbar. Gleichzeitig sehen wir die Verpflichtung, diesen Reichtum auch für kommende Generationen zu erhalten und zu mehren. Gerade in unserer globalisierten Welt und angesichts einer erhöhten Mobilität gewinnt Heimat für viele Menschen wieder zunehmend an Bedeutung. Heimat verhindert Entfremdung, sie schafft soziale Identität und Sicherheit. Wir Freie Wähler setzen uns für unsere Heimat ein und stehen für ein modernes Bayern mit gleichwertigen Lebensverhältnissen in allen Regionen.
Raubtier-Alarm in den Alpen
In den Bergen war zuletzt der Bär los. Auch der Wolf hält die Almbauern in Atem. Was ist zu tun?
Koller: Hier haben wir Freie Wähler eine sehr klare Meinung: die Politik ist gefordert, alles für den Erhalt von Weidebetrieben, Fischzucht und Freilandtierhaltung zu tun. Der Mensch hat für uns Vorrang vor den Tieren.
Natürlich präferieren wir eine friedliche Co-Existenz, doch wenn Wolf, Bär oder andere Tiere den Menschen oder die Existenz von Betrieben gefährden, muss eine Entnahme ermöglicht werden.
Wenn das Wetter verrückt spielt
Dürre, Waldbrände, Starkregen, Tornados - muss sich auch die Region auf deutlich mehr Wetter-Extreme einstellen? Wie kann sich Bayern wappnen? Und was kann Bayern zum globalen Kampf gegen den Klimawandel beitragen?
Koller: Der Klimawandel ist nicht erst seit einigen Monaten Realität. Ich erinnere mich an erste Starkregenereignisse Anfang der 2000er Jahre in unserer Region. Die Kommunen tun alles in ihrer Macht stehende, um sich an den Klimawandel anzupassen und seine Folgen abzumildern.
Allzu oft steht dabei aber die teilweise überbordende Bürokratie im Weg. Hier ist die Landespolitik gefragt. Genehmigungsverfahren für Regenrückhaltebecken beispielsweise müssen erheblich verkürzt und vereinfacht werden. Es kann doch nicht sein, dass sich solche Verfahren über Jahre und Jahrzehnte hinziehen und unsere Bevölkerung nicht geschützt wird.
Die Gemeinderäte und Bürgermeister haben die Probleme erkannt, doch sie werden nicht ausreichend in ihren Vorhaben unterstützt. Darüber hinaus stehen wir Freie Wähler für regionale Lösungen. Für mich ist es nicht denkbar, dass ein Waldbesitzer sein Holz nicht mehr zum Heizen verwenden darf. Der Waldbauer weiß doch selbst, was für seinen Wald am besten ist.
Zudem müssen wir die regional vorhandenen Potentiale von Wind, Sonne und Wasserkraft nutzen. Für uns ist Wasserstoff ein extrem wichtiger Baustein in der Zukunft. Deshalb muss der Freistaat diese Technologie massiv fördern.
Flüchtlinge und kein Ende
Was muss der Freistaat beim Thema Flüchtlingsunterbringung aus Ihrer Sicht tun, damit die Kommunen die Aufgabe der Unterbringung von Flüchtlingen bewältigen können?
Koller: Ziel muss es sein, die Migranten zunächst in dezentralen, kleinteiligen Unterkünften unterzubringen. Ich warne eindringlich vor großen Massenunterkünften mit vielen Ethnien. Die Probleme dabei sind vorprogrammiert. Der Freistaat muss die Landratsämter aber entsprechend unterstützen, gerade auch personell, denn viele kleine Unterkünfte bedeuten viel Mehraufwand gegenüber großen Zeltstädten.
Wir müssen die Integration der Menschen fördern, aber auch Leistungen von den Migranten einfordern. Wer sich nicht integrieren will in unsere Gesellschaft, der sollte auch kein Bleiberecht erhalten. Im übrigen müssen Sachleistungen im Vergleich zu Geldleistungen viel mehr ausgebaut werden. Wenn nur noch die notwendigsten Gelder fließen, dann werden die wirklichen Flüchtlinge unterstützt und die Wirtschaftsflüchtlinge ausgebremst. Der Bund ist hier gefordert, noch viel mehr als früher die Fluchtursachen zu bekämpfen.
Medizin hängt am Tropf
Die heimischen Krankenhäuser machen gewaltige Defizite. Welche Möglichkeiten muss der Freistaat nutzen, um die medizinische Versorgung in Kliniken in der Region sicherzustellen und dabei auch das Personal vernünftig bezahlen zu können? Wie kann man generell die medizinische Versorgung verbessern und Medikamenten-Engpässe vermeiden, zumal in Tittmoning (Aenova) und Saaldorf-Surheim (Eurim-Pharm) gleich zwei Pharma-Riesen in der Region sitzen?
Koller: Zunächst muss sich der Freistaat um die Stärkung der ländlichen Regionen kümmern. Es kann doch nicht sein, dass in München die ärztliche Versorgung vor allem im Krankenhausbereich signifikant besser ist als bei uns in der Region. Die Destabilisierung und Zerstörung der bis dato gut funktionierenden Strukturen auf dem Land hat vor vielen Jahren mit der Einführung der Fallpauschalen begonnen und wird nun durch die Pläne des Bundes knallhart weitergeführt.
Der Freistaat muss die kommunalen Krankenhäuser stärken, denn sie sind der Leuchtturm der wohnortnahen Gesundheitsversorgung. Zur Not müssen auch direkte finanzielle Unterstützungen gezahlt werden, um Schließungen abzuwenden.
Mir ist auch klar, dass sich die Klinikenlandschaft massiv verändert hat, doch letztlich brauchen wir flächendeckend schnell erreichbare Notaufnahmen, Geburtsstationen und ambulante sowie stationäre Versorgungseinrichtungen. Das gilt übrigens auch für die Apotheken, die man durch den Online-Handel massiv ausbremst. Die Online-Apotheken können nur ergänzend und nicht ersetzend gesehen werden.
Bahnausbau in der Warteschleife
Der Ausbau der Bahnstrecke München-Mühldorf-Freilassing verzögert sich massiv bis Mitte 2035. Was kann der Freistaat tun, um das Genehmigungsverfahren und den Bau zu beschleunigen?
Koller: Nun, die Probleme sind oftmals vielschichtig und müssen stets im Einzelfall betrachtet werden. Doch es ist schon sehr häufig zu beobachten, dass gerade Bauvorhaben der Bahn erheblich teurer werden und sich zeitlich extrem nach hinten verschieben. Ich nenne hier auch den Bau der zweiten S-Bahn-Stammstrecke in München oder andere Großprojekte wie Stuttgart 21.
Der Freistaat muss Projekte wie den Ausbau München-Mühldorf-Freilassing einfach stärker in den Fokus nehmen und die Verfahrensdauern erheblich einschränken. Mit mehr Manpower und unter frühzeitiger Einbindung der Kommunen müssen Probleme schneller erkannt und beseitigt werden.
Die Betroffenen müssen besser mitgenommen werden und auch entsprechend angemessen entschädigt werden. Wenn wir in diesem Tempo weitermachen, dann ist ja selbst Mitte 2035 kaum mehr zu halten und das kann man den Menschen nicht vermitteln.
Ihr Lieblingsthema
Ein Thema, das Sie für sehr wichtig halten, fehlt in der Liste? Etwa Wohnraum, Energiekosten, Bildung, Mittelstand oder Landwirtschaft? Dann nur zu! Nehmen Sie Stellung zu einem Thema Ihrer Wahl.
Koller: Eines meiner wichtigsten Themen: Heimat.
Mir ist durchaus bewusst, dass der Begriff sehr plakativ ist und dass man darunter vieles subsumieren kann. Um was es mir geht: Wir leben in einer der schönsten Gegenden der Welt – und die Menschen sind dankbar dafür. Doch nach und nach zerstören wir das, was Generationen vor uns aufgebaut haben.
Man könnte meinen, die Politik arbeitet gegen die eigenen Leute und unterstützt die Fremden. Die Verstädterung von Bayern wird stillschweigend toleriert und die ländlichen Regionen werden abgehängt. Dabei sind es gerade die ländlichen Strukturen, die unsere Heimat ausmachen. Darum wäre es wichtig, die kleinteilige bäuerliche Landwirtschaft massiv zu unterstützen und keine Agrar-Großkonzerne. Vereine und Ehrenamt tragen unsere Gesellschaft und sind gerade auf dem Land unerlässlich. Wir müssen Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren, noch viel mehr unterstützen und fördern.
Wir brauchen auch eine stärkere Infrastruktur in der Fläche und dabei meine ich nicht neue Straßen, sondern flächendeckend schnelles Internet, vernünftige Einkaufsmöglichkeiten vor Ort und eine viel bessere Gesundheitsvorsorge durch mehr Haus- und Fachärzte sowie Apotheken. Die Palette ist groß, die Themen und Maßnahmen vielseitig, doch letztlich geht es darum, den ländlichen Raum gleichberechtigt weiterzuentwickeln. Unsere Heimat ist keine Kulisse für Tagestouristen und Bilderbücher. Wir sind gastfreundlich, doch wir brauchen auch einen guten Lebensraum für uns Einheimische. Und dazu zählt für mich auch der Schutz unseres Brauchtums vor dem Zeitgeist und seinen negativen Auswirkungen.
Anmerkung der Redaktion: Die Antworten des Kandidaten/der Kandidatin wurden 1:1 von der Redaktion übernommen, inhaltlich nicht überarbeitet und müssen deswegen nicht die Meinung der Redaktion widerspiegeln.