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Hündin in Anger erschossen

Nach dem tragischen Tod von „Agape“: Was passiert mit dem Jäger?

Hündin Agape und ein Fuchs
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Laut Aussage der Jäger starb „Agape“, weil sie mit einem Fuchs verwechselt wurde.

Groß war die Empörung und das Mitgefühl unserer Leser zum dem tragischen Tod der Hündin „Agape“. Anfang Februar wurde diese von einem Jäger erschossen. Angeblich hatte er „Agape“ mit einem Fuchs verwechselt. Viele möchten wissen, was nun mit dem Jäger geschieht. Der Rosenheimer Rechtsanwalt Peter Dürr gibt eine erste rechtliche Einschätzung.

Anger/Bad Reichenhall/Rosenheim - Bad Reichenhalls Polizeichef Peter Huber bestätigt gegenüber BGLand24.de, dass die Ermittlungen in dem Fall derzeit noch laufen. „Die ersten und wichtigsten Dinge sind alle abgearbeitet. Die Vernehmungen sind erfolgt.“ Nun werde das Ergebnis der Staatsanwaltschaft vorgelegt. Der Staatsanwalt prüfe dann, ob es noch weitere Ermittlungsansätze gibt. „Bevor eine Entscheidung getroffen wird, dauert es immer ein bisschen.“ Daher gilt für den Schützen nach wie vor die Unschuldsvermutung. Die Jäger, die bei dem gemeinsamen Gespräch mit der Halterin und der Polizei anwesend waren, möchten sich laut dem damals ebenfalls anwesenden Ersten Jäger wegen des laufenden Verfahrens gegenüber BGLand24.de nicht äußern.

Wie könnte es rechtlich weitergehen?

Rechtsanwalt Peter Dürr aus Rosenheim erklärt, dass es für Juristen zunächst zwei Blickwinkel gibt: Das Strafrecht und das Zivilrecht. „Das basiert auf demselben Sachverhalt, aber da gelten verschiedene Maßstäbe. Das Gesetz sagt: Tiere sind keine Sachen. Es sagt aber auch, es sind die Vorschriften für Sachen anwendbar. Das heißt, wir sind vorrangig im Bereich der Sachbeschädigung.“ Während im Strafrecht in diesem Fall nur vorsätzliches Handeln strafbar ist, würde der Schütze im Zivilrecht sowohl bei Vorsatz als auch bei Fahrlässigkeit haften. Zwar gibt es eine Regelung im Tierschutzgesetz, dass man Wirbeltiere nicht töten darf. - Aber auch hier gilt: Vorsatz oder Fahrlässigkeit?  

Rechtsanwalt Peter Dürr

Vorsatz ist schwer nachweisbar

Nach Dürrs Einschätzung dürfte es sehr schwierig werden, dem Jäger einen Vorsatz nachzuweisen. „Ich gehe davon aus, dass strafrechtlich wenig passieren wird. Wenn er berechtigt ist zu jagen, kann man ihm nichts vorwerfen.“ Denn der Jäger habe die Berechtigung gehabt, einen Fuchs zu erlegen. Falls er also klar machen könne, dass er einem Irrtum unterlag, als er den Hund erschoss, ist man im Bereich der Fahrlässigkeit. „Wie soll man ihm diese Auslegung widerlegen?“

Doch „Agape“ sah als Appenzeller Sennenhündin nicht gerade aus wie ein Fuchs. Ihr wurde gezielt in den Kopf geschossen. Petra Wanie, die Anwältin der Halterin, gab bereits zu bedenken: „Da wurde mit einer scharfen Waffe geschossen. Ein Jäger darf nur dann schießen, wenn er sich absolut sicher ist, was er im Visier hat.“ Dürr hält mit seinen Argumenten dagegen: „Dass der ein Tier erschossen hat, ist klar. Und dass er das Tier erschießen wollte, steht auch fest. Er ist ja nicht aus Versehen auf den Abzug gekommen. Er hat bewusst gezielt, da sind wir schon in einem vorsätzlichen Handeln. Die Frage ist, was war die Grundlage für den Schuss? Wovon ist er ausgegangen? Und hat er sich berechtigt gehalten? Welches Motiv sollte er haben, einen Hund zu erschießen? Wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass es kein Fuchs war, hätte er besser aufpassen müssen, also ein Klassiker für Fahrlässigkeit.“

„Man kann da schon sehr komplex ermitteln“

Dennoch schließt der Anwalt nicht aus, dass ein Strafbestand vorliegen könnte. Es hänge allerdings nun von der Staatsanwaltschaft ab, wie tief diese einsteige und ob dem Jäger die Verwechslung abgenommen wird. „Man könnte etwa Vergleichsbilder machen und Untersuchungen, wie dieser Hund aussieht und wie die Beleuchtung war. Man kann da schon sehr komplex ermitteln. Oder die sagen, das ist uns zu aufwändig, wir stellen ein. Nicht unter der Maßgabe, dass rechtlich nichts dran ist, sondern, falls zum Beispiel der Jäger keine große Vorgeschichte hat.“ In so einem Fall könnte der Jäger etwa zu einer Spende an einen Tierschutzverein verdonnert werden. Dann wäre dem öffentlichen Interesse Genüge getan.

Im Zivilprozess könnte es zu einem Vergleich kommen

Aus zivilrechtlicher Sicht sieht das Ganze natürlich anders aus. Für den entstandenen Schaden würde der Schütze in jedem Fall haften. Und der ist bei dem Zucht-, Schul- und Therapiehund beträchtlich. Zusammen mit den zukünftig ausgefallenen Einnahmen könnte nach der Berechnung der Rechtsanwältin Wanie ein Schaden von rund 63.000 Euro entstehen. Anwalt Dürr erklärt hierzu ernüchternd: „Zivilrechtlich kann man sich lange Jahre darum streiten. Wahrscheinlich läuft so etwas auf einen Vergleich hinaus. Da wird die eine Seite das erfahrungsgemäß sehr groß rechnen, die Gegenseite wird alles bestreiten und dann wird man sich auf einen Betrag verständigen.“ Bei Fahrlässigkeit greift auch die Privathaftpflichtversicherung.

Neben dem finanziellen Schaden ist natürlich der emotionale für die Halterin besonders schlimm. Die Schwierigkeit ist laut Dürr in Deutschland allerdings: „Der emotionale Wert wird in Deutschland nahezu nicht abgegolten. Es gibt zwar so etwas wie Schockschaden, aber den bezieht man eher auf Menschen. Für die Hundehalter ist das oft bitter.“

Könnte der Jäger seinen Schein verlieren?

Der Fall könnte jedoch auch verwaltungsrechtlich relevant werden. Ob der Jäger seinen Schein verlieren könnte, entscheidet nicht das Gericht, sondern die untere Jagdbehörde im Landratsamt Berchtesgadener Land. Für einen Jagdschein ist eine Eignung, die sogenannte waffentaugliche Zuverlässigkeit, Voraussetzung. Die Behörde teilt auf schriftliche Anfrage mit: „Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 b WaffG sind zum Beispiel Personen, die zu mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe rechtskräftig verurteilt worden sind und die Rechtskraft der letzten Verurteilung nicht länger als 10 Jahre zurückliegt, unzuverlässig. Die für einen Jagdschein notwendige Eignung wird vor jeder Erteilung eines Jagdscheines geprüft. Da die maximale Gültigkeitsdauer eines Jagdscheines drei Jahre beträgt, wird jeder Jagdscheininhaber mindestens alle drei Jahre überprüft. Hierzu werden Informationen von Polizei, Staatsanwaltschaft und Verfassungsschutz eingeholt. Anlassbezogene Prüfungen finden dann statt, wenn an uns entsprechende Informationen seitens Staatsanwaltschaft oder Polizei herangetragen werden.“

Das heißt, die Behörden tauschen sich aus. Wenn die Staatsanwaltschaft ein Verfahren einleitet, gibt sie das an die Jagdbehörde weiter. Diese muss dann in eigener Kompetenz noch einmal prüfen, ob der Schütze noch geeignet ist oder nicht. Mit dem Ausgang des Strafverfahrens hat dies nichts zu tun. Für den konkreten Fall liegt dem Landratsamt jedoch noch keine Information vor. Er wird die verschiedenen Behörden aber wohl noch einige Zeit beschäftigen.

mf

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