Analyse zum Ärztebedarf im BGL
Gesundheitscampus in Freilassing könnte Leuchtturmprojekt für die gesamte Region werden
Einzelpraxis, Gemeinschaftspraxen, Fachärztezentrum, medizinisches Versorgungszentrum oder gleich alles unter einem Dach, in einem Gesundheitscampus? Nach dem „Aus“ für das Krankenhaus in Freilassing will die Stadt die Gesundheitsvorsorge neu organisieren, ein Muss, auch angesichts einer immer älter werdenden Gesellschaft und einem erkennbaren Ärztemangel.
Freilassing – In einer Analyse hat die Stadt nun erheben lassen, welche Chancen und welcher Bedarf für den geplanten Gesundheitscampus am Gelände des ehemaligen Krankenhauses bestehen. Das Fazit vorweggenommen: „Ein echtes, zentralisierte Angebot in Freilassing könnte eine überregionale Leuchtturmwirkung haben“, und „das Konzept des Gesundheitshauses als Ergänzung zum Fachärztezentrum erscheint bedarfsgerecht und zukunftsorientiert“.
Die Stadt Freilassing kämpft wie viele Städte mit der Haus- und Fachärzteversorgung, die Patienten werden mehr, die Ärzteschaft kleiner. Um dennoch die Versorgung sicherzustellen, will die Stadt ein Gesamtkonzept für die Gesundheitswirtschaft auf die Beine stellen, eine Lösung dazu ist der sogenannte Gesundheitscampus auf dem Gelände des ehemaligen Krankenhauses. Dort sollen ambulant-ärztliche und therapeutische Leistungsangebote und andere medizinische Dienstleister unter einem Dach ihre Dienste anbieten. Der Campus soll zudem mit dem Fachärztezentrum im ehemaligen Krankenhaus zusammenarbeiten und so Synergieeffekte schaffen. Dass der Bedarf gegeben ist, hat eine Studie vom März dieses Jahres bereits festgestellt.
Die am Dienstag im Stadtrat vorgestellte Analyse soll jetzt die weiteren Pläne auf den Bedarf abzustimmen. Die Fragen an die Experten der Beraterfirma in Köln waren also, wie wird sich der Gesundheitsmarkt entwickeln, wie der Bedarf in den Bereichen Pflege und Betreutes Wohnen.
Wie viele Haus- und Fachärzte gibt es?
Bei der Analyse der Gesundheitswirtschaft bestätigen die Experten die bereits bekannte Situation im Landkreis: Die Versorgung mit Hausärzten mit überwiegend Einzelarztpraxen ist noch „auskömmlich“, durch den hohen Altersschnitt der Hausärzte wird aber ein Nachbesetzungsdruck entstehen. Noch gibt es in Freilassing zwölf Hausärzte, in Bad Reichenhall sind es zum Vergleich 18, in Laufen sind es neun, gefolgt von Ainring mit acht. Bei den Fachärzten konzentrieren sich die Ordinationen auf Bad Reichenhall (41 Fachärzte) und Freilassing (24), gefolgt von Teisendorf mit zwei und Laufen mit einem Facharzt.
Ein echtes Gesundheitszentrum sehen die Analysten nur in der Alten Saline in Bad Reichenhall, dort würden schon jetzt Hausärzte, Chirurgen, und andere Fachärzte zusammenarbeiten. Ambulante Versorgungen gibt es bereits in Freilassing (ehemaliges Krankenhaus), in Bad Reichenhall und in Berchtesgaden. Daneben hätten sich „Ärztezentren“ in einzelnen Straßen eher zufällig gebildet, zum Beispiel in Freilassing in der Reichenhaller Straße. „Ein echtes, zentralisierte Angebot in Freilassing könnte eine überregionale Leuchtturmwirkung haben“, so die Autoren der Analyse für den Gesundheitscampus Freilassing.
Physiotherapeutische Versorgung ist gut
Sowohl in Freilassing, als auch in Bad Reichenhall sei die Versorgung mit Physiotherapeuten gut, die Situation in Bad Reichenhall ist in Relation zur Einwohnerzahl noch umfangreicher, stellen die Autoren fest. Ausgedünnt ist hingegen das Angebot an Sanitätshäusern im nördlichen Landkreis, hier könnte im Gesundheitscampus zumindest eine Zweigstelle eröffnen.
Ärztebedarf 2035
Für das gesamte Berchtesgadener Land sieht die Analyse einen steigenden Ärztebedarf bis 2035, besonders eklatant im Bereich Kinder- und Jugendpsychiatrie, hier steigt der Bedarf um satte 35 Prozent, gefolgt von Psychotherapeuten (+25 Prozent), sowie Kinder- und Jugendärzten und Internisten (jeweils rund acht Prozent).
Die Analyse zeigt deutlich, dass der geplante Gesundheitscampus die künftige Abdeckung mit Hausärzten und Fachärzten in Freilassing und den umliegenden Gemeinden sicherstellen kann. Die Studie rät auch dazu, das therapeutische Leistungsangebot in Richtung ambulante Rehabilitation oder Reha-Sport weiterzuentwickeln.
Ebenfalls wäre eine punktuelle Angebotserweiterung durch das Wachstumsfeld „Ernährungstherapie“ eine mögliche Ergänzung zu den medizinischen Versorgungsschwerpunkten, gerade auch im Hinblick auf die Versorgung von chronisch Kranken. Auch das Ansiedeln von weiteren Angeboten wie Selbsthilfegruppen oder Kneipp-Vereine seien möglich.
Die abschließenden Empfehlungen der Kölner Autoren: „Der Gesundheitscampus Freilassing sollte mit dem Ziel einer gut erreichbaren ambulant-ärztlichen Grundversorgung entwickelt werden“. Es seien zentralisierte Angebotsstrukturen zu gestalten, die Kapazitäten sollten erweiterbar sein.
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