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Freilassingerin unterwegs mit dem Hospizmobil

Simone Brunnhuber erfüllt Herzenswünsche: „Da fließen auch bei mir Tränen“

Simone Brunnhuber vom Herzenswunsch Hospizmobil des BRK
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Simone Brunnhuber vom Herzenswunsch Hospizmobil des BRK

Die Freilassingerin Simone Brunnhuber ist Teil des Teams vom Herzenswunsch Hospizmobil. Im Gespräch mit BGLand24.de erzählt sie, wie solche Fahrten ablaufen, warum ihr das Ehrenamt so viel gibt und wie es ist, Menschen bei ihrem meist letzten Wunsch zu begleiten.

Freilassing – „Letztes Jahr hatten wir 60 Fahrten, dieses Jahr sind wir schon bei 70 und wir haben noch ganz viele Anfragen“, erklärt Simone Brunnhuber. Die Freilassingerin ist eine von 42 ehrenamtlichen Helfern, die in der Region mit dem Herzenswunsch Hospizmobil unterwegs sind. Viele schwer erkrankte Menschen haben einen letzten, zumeist recht bescheidenen Wunsch. „Keiner will eine Kreuzfahrt oder ins Hilton“, sagt Brunnhuber. Meist handle es sich um Familienzusammenführungen, Besuche von Beerdigungen oder Hochzeiten sowie Fahrten auf den Berg oder ans Meer. Die Frauen- und Herreninsel am Chiemsee stünden bei den beliebtesten Zielen ganz oben.

Aufgrund des Gesundheitszustandes und der eingeschränkten Mobilität gestaltet sich ein letzter Wunsch für Betroffene und ihre Angehörigen oft schwierig. Das Hospizmobil ist jedoch speziell dafür ausgerüstet. Die Menschen können sitzend oder liegend und sogar im Rollstuhl transportiert werden. Begleitet wird die Fahrt immer von zwei Helfern, wobei einer fährt und der andere sich um den Gast kümmert. „Wir haben im Auto einen Notfallrucksack, Sauerstoff und Blaulicht. Wir können die Erste Hilfe übernehmen und haben auch eine Fachkraft dabei.“ Im Team gibt es Ärzte, Intensivpflegerinnen, Palliativschwestern sowie Krankenschwestern. Sobald eine Anfrage rein kommt, wird geklärt, was gebraucht wird. Je nach Bedarf wird das Hospizmobil dann besetzt.

Mitmachen kann jeder

Koordiniert wird das Hospizmobil von Florian Halter, der es auch im Jahr 2018 gegründet hat. Inzwischen werden damit die Regionen Berchtesgadener Land, der Landkreis Traunstein und das Land Salzburg abgedeckt. Simone Brunnhuber ist seit zwei Jahren im Team. Über den Fahrdienst des Roten Kreuzes kam sie zur Bereitschaft und hat dann ihren „Sani“ gemacht. Aber auch Menschen, die nicht Experten sind, können mitmachen. „Fahren kann jeder. Man braucht nur einen Führerschein und Menschenkenntnis. Der zweite, der mitfährt, ist dann jemand vom Fach.“ Die Anfragen zu den Herzenswünschen, die inzwischen fast täglich eintrudeln, kommen meist über Krankenschwestern, Ärzte, Hospize oder Familienangehörige. Zudem stellt eine Kollegin Brunnhubers das Projekt auch an vielen Stellen vor.

Der letzte Einsatz dauerte fünf Tage - alles ehrenamtlich

Das Herzenswunsch Hospizmobil finanziert sich ausschließlich durch Spenden, die Helfer arbeiten alle ehrenamtlich, manche nehmen dafür sogar extra Urlaub. Bei ihrem letzten Einsatz war Brunnhuber fünf Tage lang unterwegs: Eine Wachkoma-Patientin sollte noch einmal in Istrien das Meer erleben dürfen. Obwohl für solche Fahrten viel Freizeit geopfert wird, ist es das für die Helferin wert. „Es ist eine Herzenssache. Ich mache das einfach gern. Wenn man die Leute sieht, wie dankbar alle sind und wie sie strahlen. Und ich habe die Ehre, diesen Leuten einen mega-schönen Tag zu machen. Was würde mir da Geld bringen?“

Bei der Wachkoma-Patientin meint Brunnhuber auch gesehen zu haben, wie sich ihre Verkrampfungen entspannt haben und sie tief durchgeatmet hat. „Ich glaube schon, dass sie weiß, dass sie am Meer war.“ Die fünf Tage mit ihr seien pflegerisch nicht sehr aufwändig gewesen, weil der Ehemann dabei war, der die komplette Pflege übernommen hat.

Auch wenn es anstrengend ist, überwiegt das Positive

Die Fahrt mit dem jungen Daniel hingegen gestaltete sich etwas schwieriger. Der 19-Jährige wartet auf eine Spenderlunge und wollte seine Familie im Emsland treffen. Als Überraschung durfte er dann noch die Computerspielmesse „games.com“ besuchen. Da Daniel sehr aufgeregt war, brauchte er mehr Sauerstoff, der trotz voller Flaschen im Fahrzeug aufgrund der weiten Fahrstrecke schnell zur Neige ging. Das BRK Kitzingen kam schließlich zu Hilfe und tauschte die Flaschen. Der Besuch bei der Familie sei sehr emotional gewesen, „da stand ein riesiges Empfangskomitee, plötzlich hörst du nur noch ein Schluchzen und da fließen auch bei mir Tränen“, gesteht Brunnhuber, die auch während sie erzählt, feuchte Augen bekommt. 3000 Kilometer Fahrt hört sich doch sehr anstrengend an, noch dazu unter den Umständen. Aber das Positive überwiegt, ist sie sich sicher. „Das gibt dir so viel und erdet dich. Wenn man sich überlegt, über was wir rumjammern. Da wartet ein junger Mensch vier Jahre auf eine Lunge und ich rege mich auf, weil der Sohn nicht sein Zimmer aufräumt. So etwas bringt einen schnell wieder runter.“

„Ich kann keinen bewahren“

Viele der Menschen, denen die Rotkreuzler einen Wunsch erfüllen, haben nicht mehr lang zu leben. Damit muss man auch zurecht kommen. Brunnhuber bestätigt, dass man realistisch mit der Situation umgehen muss. „Ich kann sie weder vor dem Sterben retten noch sie gesund machen. Ich kann keinen bewahren, aber wir können einen schönen Tag schenken.“ Besonders nah gehen ihr die Schicksale der schwer kranken oder behinderten Kinder, für die das Team natürlich auch da ist. Je nach Fahrgast stellt Florian Halter auch die Fahrer zusammen. Es ist wichtig, dass die Helfer zu ihren Gästen passen. „Man kennt sich ja nicht“, erklärt Brunnhuber. „Du holst da wildfremde Menschen ab.“ Aber nach ein, zwei Stunden werde man schnell warm miteinander und dann laufe alles problemlos.

Mitunter kann es auch vorkommen, dass eine Fahrt doch nicht stattfinden kann. Das größte Problem: Die Zeit, denn manchmal verschlechtert sich der Gesundheitszustand eines Gastes rapide. So erzählt uns die Helferin von einem Mann, der mit Frau und Enkelin noch einmal auf die Fraueninsel wollte. Am Steg kollabierte er jedoch, und es ging rasch aufs Ende zu. Brunnhuber brachte ihn daraufhin zurück zum Hospiz und musste improvisieren. „Wir waren dann flexibel und sind mit dem Enkel zum Spielplatz und die Frau hat sich noch verabschieden können.“

Solidarität ist das wichtigste

Bei der Frage nach der beeindruckendsten Fahrt tut sich die Rotkreuzlerin schwer mit einer Antwort, denn jede sei auf ihre Weise besonders. Dann erwähnt sie aber doch, wie sie einen Freilassinger nach Piding zur Hochzeit seines Sohnes gefahren hat. Denn was sie vorher nicht wusste: Der Mann musste liegend über eine Wendeltreppe getragen werden. Brunnhuber fragte kurzerhand nach Helfern im benachbarten Friseursalon, und schon sprangen fünf Männer auf und brachten den Gast sicher zum Fahrzeug. „Beim Standesamt stand die ganze Hochzeitsgesellschaft da. Wir haben die Tür geöffnet und die Trage rausgeholt. Das war so emotional und wir haben alle geweint“, erinnert sie sich. Auf dem Rückweg sprang dann die Freilassinger Feuerwehr ein, um den Herrn wieder heil über die Treppe zu bringen.

Simone Brunnhuber (links) mit einer Kollegin und dem Fahrgast auf der Hochzeit seines Sohnes

Was Simone Brunnhuber besonders am Herzen liegt, ist der gesellschaftliche Zusammenhalt. Wenn das Team unterwegs ist, bekommt es von allen Seiten Unterstützung, sei es von der Polizei, dem BRK, der Feuerwehr oder einfach von den Menschen, denen sie begegnen. „Alle sind da. Dieses Miteinander, das sind die schönsten Momente.“ Hinter ihr steht auch ein Partner, der das Ganze mitträgt und sie unterstützt. - Schließlich geschieht es oft sehr spontan, dass sie zum Einsatz muss.

Das Herzenswunsch Hospizmobil hat im Inneren einen Sternenhimmel. Wenn Kinder mitfahren, wird es zusätzlich mit Luftballons geschmückt, zur Weihnachtszeit gibt es Lichterketten, Plätzchen und Glühwein, damit sich alle wohlfühlen. Im kommenden Jahr wird noch ein Caddy für kleinere Fahrten, bei denen es keine Versorgung braucht, angeschafft. Und auch die nächste Fahrt steht für das Team schon fest: Eine Dame hat Krebs im Endstadium und möchte heim nach Belgrad, um bei der Familie sterben zu können.

mf

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