Digitales Phänomen aus dem Berchtesgadener Land
Bestsellerautorin Saskia Calden über ihren Erfolg im E-Book-Markt
Tausende Rezensionen, zehntausende Verkäufe: Mit ihrem Thriller “Der Puppenwald” steht sie gerade eben wieder mal auf Platz eins der E-Book-Charts. Die unter Synonym veröffentlichende Buchautorin Saskia Calden ist ein digitales Phänomen, eine One-Woman-Show - mittlerweile bei Amazon Publishing unter Vertrag. Die gelernte Mediengestalterin aus dem Berchtesgadener Land hat sich damit einen Traum verwirklicht.
Berchtesgadener Land - Unter Synonym zu veröffentlichen, das wollte Saskia Calden eigentlich von Anfang an, aus mehreren Gründen. Früher hat sie mal Fachbücher veröffentlicht, später einen Erotikroman. „Ich bekomme immer wieder E-Mails mit Angeboten. Es muss nicht jeder wissen, wer ich bin und wo ich wohne”, sagt die 46-Jährige. Saskia Calden heißt eigentlich anders. Buchautorin wurde sie erst später. Calden ist ausgebildete Mediengestalterin und betreibt seit mehr als 20 Jahren eine eigene Werbeagentur.
Eine Leseratte? Ist sie nie gewesen: „Die Schule hat mir den Spaß am Lesen vertan”, sagt Saskia Calden. Der eigenen Fantasie tat das keinen Abbruch. „Ich hatte schon als Kind immer viel Kopfkino.” Selbst bezeichnet sie sich als kreativen Menschen. Mit der Nachbarin bastelte sie als Zwölfjährige an einer Grusel-Kurzgeschichte rund um einen Leuchtturm: „Die haben wir dem kleinen Bruder vorgelesen. Der konnte dann nicht mehr schlafen und fürchtete sich die ganze Nacht.” Mit Worten Emotionen generieren, das gelang ihr damals zum ersten Mal.
Psychothriller als Passion
Seit mehr als 20 Jahren arbeitet Saskia Calden selbstständig. Ihre Werbeagentur betreibt sie allein. Schreiben fiel ihr immer leicht. Kreatives sowieso. Wenn die Ideen übersprudeln, muss es raus: „Mein persönliches Ziel war, irgendwann einen eigenen Thriller zu schreiben”, sagt sie rückblickend. Das tat sie. Sie ging ins Internet und durchforstete die Self-Publishing-Szene. Jene, die in den vergangenen Jahren wie Unkraut aus dem Boden geschossen waren. Die, die ihre Bücher auf eigene Faust veröffentlicht hatten, ohne Verlag, oft mit wenig, manchmal mit mehr Erfolg. Sie knüpfte Kontakte, baute sich ein Netzwerk auf.
Trotzdem versuchte sie es mit ihrem Thriller-Debüt, „Der stille Feind”, auch bei Agenturen und Verlagen. Ihr großer Wunsch, das eigene Buch könnte irgendwann im Laden um die Ecke zu finden sein, war immer präsent. 15 Agenturen schrieb sie an, schickte Leseproben und Exposés. Die Ausbeute an Resonanz? Eher gering. Die Ernüchterung war umso größer, die Selbstzweifel wuchsen: „Ich dachte mir, so gut kann mein Thriller dann doch nicht sein.”
Saskia Calden ging im Internet auf Suche nach Testlesern. Es gibt zahlreiche Bücherplattformen, auf denen Autoren ihre Werke einreichen können. „Nur mit konstruktiver Kritik kann ich besser werden”, sagt sie. Von den 20 Testlesern gab es für den Stillen Feind aber nichts als Lob und Bestätigung.
Veröffentlichung in Eigenregie
Bestärkt darin wollte Saskia Calden ihren Debütroman in Eigenregie veröffentlichen, „auf eigene Faust” - Monate lange Arbeit nahm sie in Kauf: Sie gestaltete Cover und Grafiken, beschäftigte sich mit dem Buchsatz und ging mit ihrem Werk in die Eigenvermarktung. Ihr Job als Mediengestalterin kam ihr da gelegen. „Ich glaube nicht an Glück, sondern an Wahrscheinlichkeiten”, sagt sie mit überzeugter Stimme. Sie verteilte ihr Buch an etliche Blogger, die sich dem Titel widmeten.
Das Unterfangen war erfolgversprechend: Nach wenigen Wochen fand sich ihr Roman in den Top 10 der Amazon-Kindle-Charts. Für elektronische Bücher ist der Kindle, den es seit 2007 gibt, das weltweit meistgenutzte Medium - neben dem Tolino, der eReading-Marke der deutschen Buchhändler. Der Leseranteil von E-Books beträgt laut statista.com mittlerweile rund 36 Prozent. 80 Prozent greifen weiterhin auf gedruckte Bücher zurück. Es gibt Schnittmengen.
Amazon Publishing, der Eigenverlag des größten Händlers der Welt, wurde aufmerksam. „Sie wollten mich und mein Buch unter Vertrag nehmen”, sagt Saskia Calden, die zunächst ablehnte. „Viele hatten mir abgeraten, mich vertraglich binden zu lassen”.
Der Erfolg war aber unübersehbar: Mittlerweile hat ihre Erstveröffentlichung mehr als 5.400 Bewertungen, wurde über 40.000-mal verkauft. Wer digital veröffentlicht, muss heutzutage aus der Masse an Autoren herausstechen. „Sichtbarkeit ist das A und O”, weiß Calden.
Eineinhalb Jahre dauerte es, bis sie ihren Thriller „Die Rachsüchtige” fertiggestellt hatte. Das Angebot von Amazon bestand weiterhin. Frisch unter Vertrag ging ihr Buch nach kurzer Zeit auf Platz eins. „Natürlich erzeugt das Erfolgsdruck”, weiß die Autorin. Obwohl die meisten Rezensionen lobende Worte finden, sind es die seltenen Ausreißer, die die Autorin beschäftigten. „Mich zog das runter. Es folgte eine Phase, in der es mir schlecht wurde, wenn ich allein ans Schreiben dachte”, sagt Saskia Calden. Generell ist das Schreiben das, was ihr am wenigsten Freude bereitet. „Ich feile lieber an meinen Geschichten, an den Wendungen, am Twist.” Einen Roman zu plotten, zu strukturieren und alle Figuren herauszuarbeiten, sei ihre Lieblingsarbeit, „viel Handwerk”. Viele Bücher hat sie dafür analysiert, deren Aufbau durchleuchtet. Ihr Ziel sei es, den „Leser dahin zu leiten, wo ich ihn haben möchte”.
„Der Puppenwald” erobert Bestsellerliste
Anfang Februar erschien nun „Der Puppenwald”, ein Psychothriller, in dem ein Ausflug in die Stadt für die 16-jährige Jessica zum Verhängnis wird. Ein Mann verschleppt sie in ein abgelegenes Haus im Wald, um der eigenen Tochter einen sehnlichen Wunsch zu erfüllen: der Besitz einer lebenden Puppe. Wie ein Spielzeug behandelt das kleine Mädchen Jessica – kindlich und grausam zugleich.
Entstanden sei der Plot aus einem Traum heraus, sagt Saskia Calden, „keine leichte Kost”. Eigentlich wollte sie nur eine Kurzgeschichte verfassen. Daraus ist ein knapp 400-Seiten-Werk entstanden. Seit Tagen steht es in den E-Book-Charts auf Platz eins. Saskia Calden freut sich über den neuerlichen Erfolg, der nun als Buchreihe fortgesetzt werden soll.
kp