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Zukunft aus Frauenhand

„Vision Berchtesgaden“ - Für eine bessere und nachhaltigere Heimat

Sieben Frauen bilden mittlerweile die „Vision Berchtesgaden“
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Sieben Frauen bilden mittlerweile die „Vision Berchtesgaden“ (von links): Mona Schmidt-Wimmer, Maresa Brandner, Louisa Widmann, Eva Goldschald, Simone Klauer und Susanne Kienast. Nicht auf dem Bild ist Maria Nock.

Um die Natur zu bewahren und ihre Heimat lebenswerter zu gestalten, setzten sich mehrere Berchtesgadenerinnen mit der „Vision Berchtesgaden“ für unter anderem mehr Nachhaltigkeit ein.

Berchtesgaden - Eine Vision für ein besseres Berchtesgaden verfolgen vier Einheimische. „Wir können nichts für den Regenwald tun, aber daheim können wir was verändern“, sagt Eva Goldschald. Die Natur bewahren und den Ort lebenswerter gestalten - in einer Zeit der Umbrüche. Das Vorhaben klingt ambitioniert, doch der Ansatz fruchtet im Umfeld. Beginnen wollen die Frauen im Kleinen.

Das Netzwerk hat sich deutlich vergrößert, seitdem sich Louisa Widmann, Maresa Brandner und Eva Goldschald das erste Mal trafen, um ihre Vision darzulegen, wie Berchtesgaden in Zukunft aussehen soll. „Ein verbessertes Miteinander, eine Konzentration auf das Wesentliche, ein grünes Berchtesgaden, lebens- und liebenswert“, sagt Eva Goldschald. Ein ausgebauter öffentlicher Nahverkehr, deutlich weniger Autos. „Back to the roots“ - zurück zu den Wurzeln, sagt Louisa Widmann. Nachhaltigkeit steht ganz oben auf der Liste.

Menschen werden „ausgebrannt“

Die Tendenz hin zu „schneller, höher, weiter - und mehr von allem“ habe einen Charakter, „der die Menschen ausbrennt - und das muss nicht sein“, so die Berchtesgadenerinnen. Der Ansatz von „Vision Berchtesgaden“ soll umfassender sein und beginnt bereits im ganz Kleinen. Selbst bei den Kleinsten: „Kinder maximal zu bespaßen, von A nach B zu fahren, ist das eine“, sagt Maresa Brandner.

Tomaten beim Wachsen zuzusehen, Tutorials am eigenen Balkon zu machen, Kürbisse züchten oder Gemeinschaftsgärten - all das könnte das andere sein. So können nicht nur Pestizide im Essen vermieden werden, sondern auch Verpackungsmüll und CO₂ durch eingesparte Transportwege, sagen die Frauen. Ein weiterer Punkt: Kindern so ganz einfach zu vermitteln, wo das Essen herkommt und wie wertvoll es ist. Die Rückbesinnung auf das Wesentliche ist einer der Ansätze, den die Mitstreiterinnen, alle Anfang 30, verfolgen.

Monatlicher Stammtisch für Interessierte

„Natürlich haben wir das Rad nicht neu erfunden“, ist sich Louisa Widmann sicher. „Aber wir haben viele Ideen, wollen Brücken schlagen und gehört werden.“ Ein Netzwerk haben sie bereits angestoßen. Mittlerweile ist die Vision Berchtesgaden auf sieben Mitglieder gewachsen. Der Zuspruch ist gut. Es gibt einen monatlichen Stammtisch, der jeden dritten Donnerstag im Monat stattfindet (Stüberl Goldener Bär in Berchtesgaden). „Jeder, der neugierig ist oder Ideen einbringen möchte, ist willkommen“, sagt Widmann.

Mit Veränderung fangen die Frauen bei sich selbst an. Maresa Brandner, Mutter zweier Kinder, hat den Zweitwagen der Familie aufgegeben. Seitdem versuchen sie und ihr Mann Marius im Alltag alles, was möglich ist, mit dem Rad zu erledigen. Hinten dran hängt dann ein Fahrradanhänger, in dem die Kinder Platz haben. „Autofahren macht aggressiv, Parken ist teuer, das Tanken auch“, zeigt sich Maresa Brandner überzeugt.

Zeitliche Planung ist wichtig

Von dem ganzen Verkehrstrubel in touristischen Hochzeiten ganz zu schweigen. Sie schiebt nach: „Warum sollte ich weiter mit dem Auto fahren, wenn es auch anders geht?“ Das Gute: Sie arbeitet im Homeoffice. Seit dem K.o. fürs Zweitauto holt Maresa Brandner ihren Sohn mit dem Fahrrad vom Kindergarten ab: Der liegt ein paar hundert Höhenmeter weiter oben am Berg. Kein Problem für die 32-Jährige, sagt sie. Allerdings: Man muss zeitlich besser planen. Nicht jeder ist dazu bereit.

Etwas Positives im eigenen Sinne, „davon profitieren doch alle“, sagt auch Eva Goldschald. Auch sie ist erprobt auf dem Zweirad. Als sie noch im benachbarten, österreichischen Anif arbeitete, fuhr sie bei schönem Wetter mit dem Rad dorthin: Von Bischofswiesen nach Anif, mit dem Rad waren das für sie einfach gut 50 Minuten: „Ich fühlte mich immer gut. Der Tag hat schon super begonnen“, sagt sie. Die knapp zwei zusätzlichen Stunden nahm sie in Kauf. Auch dazu ist bislang nicht jeder bereit.

Klar ist auch: Berchtesgaden mit dem Rad, das erfordert durchaus Kraftanstrengung, wenn es nicht gerade ein E-Bike ist. In Sachen Radweg gibt es noch viel Nachholbedarf in Berchtesgaden. Mehrere Radfahrer-Arbeitsgemeinschaften sind in der Entstehung. Dabei geht es um Radwege, Beschilderungen und ein sicheres Vorankommen im Alltag. 

Gesellschaft ist gespalten

Dass sich in der Gesellschaft bei all den Themen, Forderungen und Erwartungen eine gewisse Frustration breit macht zwischen Jung und Alt, sei seit einiger Zeit spürbar. Dabei könne man generationenübergreifend voneinander lernen und profitieren, sind sich die jungen Frauen sicher.

In ihrer Vision sollen also Jung und Alt gemeinsam beratschlagen und Dinge anpacken - so wie etwa kürzlich bei der Zukunftswerkstatt, bei der alle Interessierten ihre Ideen auf Karten schrieben und darüber diskutierten. Oder bei einem erstmals stattgefundenen, gemeinschaftlichen Plätzchenbacken in Kooperation mit Foodsharing Berchtesgaden: Abgelaufene Zutaten, die Supermärkte entsorgt hatten, wurden dabei verarbeitet. Initiiert hat das ganze Maria Nock, die auch Teil von Vision Berchtesgaden ist.

„Das ist ein Anfang, aber es gibt noch viel Nachholbedarf“, sagen die Beteiligten. „Was heute noch an Essen entsorgt wird, ist erschreckend“, sagt Louisa Widmann. Vom Kleinkind bis zum Rentner halfen alle mit. Fast 50 Personen versammelten sich im Mehrgenerationenhaus in Berchtesgaden zur Großbackaktion. 

Natur und Nachhaltigkeit

Es sind die kleinen Dinge, die die jungen Frauen forcieren und die in Zukunft ein großes Ganzes ergeben könnten, hoffen sie. Mit so manchem Bürgermeister habe man bereits Kontakt aufgenommen. Beim ersten Vortrag Mitte November stellte sich „Vision Berchtesgaden“ Interessierten im Werk 34 vor. Im Anschluss wurde mit den gut 25 Teilnehmenden diskutiert, auch Bürgermeister Franz Rasp war anwesend. Dabei ging es auch um das Thema Radfahren im Talkessel, das Rasp selbst am Herzen liegt. Er habe ihnen fehlende Fahrradständer zugesichert und versichert, alles Mögliche zu tun, um die Radinfrastruktur zu verbessern. Ein erster Erfolg für die Frauen.

Die Schlagzahl an Aktionen soll künftig erhöht werden. Im Vordergrund stehen für das Frauen-Team die Begriffe der Zeit: Natur und Nachhaltigkeit. Nicht immer mehr von allem, sondern eben weniger. Das beginnt beim Verzehr von Fleisch, setzt sich fort bei der Wiederverwendung von Gebrauchtem. Dort mehr Bäume, da weniger Autos, mehr Fokus auf das Gemeinwohl aller und nicht nur auf die Interessen des Tourismus. Generell plädieren die Frauen für weniger Ressourcenverschwendung – sowohl der Umwelt als auch der Menschen zu liebe. „Man kann sich überfordert und hilflos fühlen - oder einfach bei sich selbst anfangen, aktiv zu werden“, sagt Louisa Widmann. 

Was der Zusammenschluss der „Vision Berchtesgaden“ nicht sein will, ist ein Sprachrohr für Parteien. „Wir wollen alle im Boot haben und positiv nach vorne schauen. Jedes Projekt und jeder Gedanke ist ein Puzzlestück für eine nachhaltigere Zukunft.“

kp

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