Verkehrswende in Berchtesgaden
On-Demand-Busse starten ab Mai in die Testphase - Abschied vom Wanderbus im Bergsteigerdorf
Gespannt blickt man in der Tourismusregion Berchtesgaden auf ein Projekt, das seit Langem in Planung ist - und nun in einer ersten Testphase in die Realität übertragen wird. Ab Mai wird im Bergerlebnis Berchtesgaden ein neues On-Demand-Verkehrssystem eingeführt, im beschaulichen Bergsteigerdorf Ramsau. Robert Seibold, Projektmanager Verkehr, stellte dieses Hoteliers und Vermietern vor.
Berchtesgaden/Ramsau - Alles neu macht der Mai: In der Nationalparkgemeinde soll es dann endlich losgehen. Mit dem On-Demand-Verkehr wird der bisherige Ramsauer Panorama-Wanderbus der Regional-Verkehr Oberbayern (RVO) abgelöst. Die Linie transportierte bisher Touristen zu den „begehrtesten Wanderrouten“, heißt es auf der Webseite das Bergerlebnis Berchtesgaden. Die Wanderbus-Linie wird nun endgültig eingestellt. Dann soll es das On-Demand-Angebot als Testphasen-Projekt richten.
Für Berchtesgaden und dessen Tourismusregion ist das absolutes Neuland - auf der einen Seite. Auf der anderen Seite drängt die Zeit: Denn im öffentlichen Personennahverkehr könnte es in der Region schon bald zu einschneidenden Änderungen kommen. Nicht rentable Buslinien stehen auf der Kippe. So manche unwirtschaftliche Strecke im Berchtesgadener Talkessel könnte wegfallen.
Urlaub auch ohne eigenes Auto
Die Touristiker in Berchtesgaden wollen dennoch flexibel bleiben, zukunftsgerichtet - ein Urlaub hier im schönen Örtchen soll auch ganz ohne eigenes Auto möglich sein. Deshalb feiert man hier mit dem On-Demand-Verkehr die Premiere im Landkreis. Ein Stück weit ist das On-Demand-Konzept eine Reaktion auf die Ankündigung der RVO, unwirtschaftliche Buslinien im Talkessel zu streichen.
Langfristig soll das System ab 2026 sogar den bestehenden Rufbus in Berchtesgaden ersetzen und später in ein landkreisweites On-Demand-Netz integriert werden. Im Gegensatz zum traditionellen Linienverkehr mit festen Fahrplänen und stationären Haltestellen passt sich der On-Demand-Verkehr dynamisch an die Bedürfnisse der Nutzer an.
Fahrgäste teilen sich das Fahrzeug
„Ein Mobilitätsangebot auf Bestellung“, so nennt es Verkehrsmanager Robert Seibold. Zwei elektrifizierte Siebensitzer - Kostenpunkt: je 70.000 Euro - sind schon bestellt. Die Fahrzeuge bilden das Herzstück des Projekts. Die E-Autos sollen zunächst in Ramsau und später auch in weiteren südlichen Gemeinden des Landkreises eingesetzt werden – möglicherweise bereits im Laufe des Jahres in Schönau am Königssee und in Berchtesgaden, etwa auf dem Obersalzberg, in der Oberau oder in Richtung Hinterbrand. Wenige Monate nach dem Start der Pilotphase soll auch der Götschen in Bischofswiesen angefahren werden, wo der zweite Kleinbus zum Einsatz kommt.
Mit den On-Demand-Bestellungen sollen sowohl klassische Haltestellen angefahren werden als auch virtuelle, neue Haltestellen. „Fahrten werden intelligent gebündelt”, sagt Robert Seibold. „Mehrere Fahrgäste, die in die gleiche Richtung fahren, teilen sich dann das Fahrzeug.”
Kosten pro Fahrt werden steigen
Während des Pilotprojekts werden die Betriebszeiten deutlich erweitert im Vergleich zu heute. Während der Panorama-Wanderbus immer nur von Mai bis Oktober in Betrieb war, soll der On-Demand-Verkehr nun ganzjährig ein ÖPNV-Angebot bieten - bis in die Abendstunden hinein. Im Sommer, von Mai bis Oktober, ganztägig von 7 bis 22 Uhr, von November bis April von 8 bis 21 Uhr.
In der Pilotphase, sagt Seibold, seien die Preise mit zwei Euro pro Fahrt äußerst günstig. Dass es später etwas teurer wird, sei daher klar. Übernachtungsgäste mit Gästekarte fahren zudem kostenfrei. „Sobald das landkreisweite On-Demand-Konzept umgesetzt wird, werden die Fahrpreise an den landkreisweiten Tarif angepasst”, informiert der Verkehrsmanager. Per App wird gebucht - und schließlich auch bezahlt. Angedacht ist, dass Fahrten auch telefonisch buchbar sind - ohne lange Vorlaufzeiten. Hunde seien erwünscht, Fahrräder hingegen nicht. Zu wenig Platz im Auto, heißt es.
Inwieweit sich das auf mehrere hunderttausend Euro pro Jahr beziffernde Projekt rechnet, soll der Test zeigen. Einige Mitarbeiter und Fahrer wurden bereits eingestellt. „Wir suchen aber noch immer Fahrer auf Minijob-Basis“, sagt Robert Seibold. Ein Personenbeförderungsschein ist Voraussetzung. (kp)