2. Platz bei Massage-WM 2023
Starke Hände, weiche Muskeln - Bayerisch Gmainer holt sich Preis in Kopenhagen
Das Berchtesgadener Land hat einen neuen Vizeweltmeister. Und der kommt ausnahmsweise nicht aus dem Wintersport, sondern ist Masseur in Bayerisch Gmain. Wie so eine WM abläuft, was eine gute Massage ausmacht und ob er gerne bei der Arbeit Smalltalk führt, erzählt er im Gespräch mit BGLand24.de.
Bayerisch Gmain – 280 Teilnehmer aus 52 Ländern sind am 3. Juli bei der Massage-WM in Kopenhagen angetreten. Dabei erlangte Mihai Noroc den zweiten Platz in der Kategorie klassische Massage. Doch wie muss man sich so eine Meisterschaft vorstellen? „Das fand in einer Akademie mit großen Räumen statt. Am ersten Tag war ich in einem Raum mit zwölf Liegen, am zweiten Tag in der Aula mit acht Liegen“, erklärt Noroc. 60 Minuten lang müssen die Teilnehmer massieren. - Ohne Uhr. „Da muss man wissen, wie viele Minuten man etwa an der Hand oder am Fuß bleiben kann. Wenn man die Zeit nicht einhält, fliegt man raus.“
Doch nicht die Leute, die massiert werden, bewerten das Handwerk. Nein, die Teilnehmer massieren sich gegenseitig. Da wäre es natürlich nicht objektiv, wenn diese Wertungen abgeben könnten. Die Jury besteht aus sechs Mitgliedern und überwacht das Geschehen über oberhalb der Liegen installierte Kameras. Bewertet wird also nicht, wie man sich fühlt, sondern ob alle Griffe sitzen, ob die Bewegungen passen und die Hände in die richtige Richtung gehen. Erst im großen Finale, an dem nur die Sieger der einzelnen Kategorien teilnehmen, liegt dann auch die Jury auf der Liege.
Ein Jahr Vorbereitung auf die Meisterschaft
So einem Wettbewerb geht viel Training voraus, bei dem Kimberly Wahry, die Spa Managerin des Hotels Klosterhof, in dem Noroc als Massagetherapeut arbeitet, wesentlich beteiligt war. „Vor einem Jahr haben wir angefangen, darüber zu reden. Wir haben auf die Struktur der Massage geguckt. Es unheimlich wichtig, dass man nicht hier massiert und dann einfach loslässt und woanders weiter macht“, erklärt sie. Nach der Anmeldung wurde täglich geübt. „Ich habe mich auch hingelegt, um zu spüren, wie sich das anfühlt. Oder jemand anderes aus dem Hotel hat sich hingelegt und ich habe zugeguckt, ob das passt. Wir haben alle im Hotel animiert, mitzumachen und keiner war traurig darüber“, freut sie sich. Obwohl es Norocs erste Meisterschaft war, habe er insgeheim auf einen Sieg gehofft. „Nach etwa zehn bis 20 Massagen wusste ich auch schon, welche Griffe ich brauche.“
Der Masseur musste zweimal dieselbe Ausbildung machen
Noroc stammt aus Rumänien und hat dort medizinischer Masseur gelernt. Da es den in Deutschland nicht gibt – hier ist das der Physiotherapeut – wurde sein Diplom zunächst nicht anerkannt. Was bedeutete, dass er dieselbe Ausbildung noch einmal in Salzburg absolvieren musste. Dies ärgert ihn aber nicht, schließlich habe er doch einiges dazugelernt, auch wenn es kaum fachliche Unterschiede gebe. „Aber die Mentalität ist anders. In Rumänien denken wir mehr mit dem Herzen, hier mehr mit dem Kopf.“
Im Klosterhof bietet er sämtliche Arten von Massagen an: Sportmassage, klassische Massage, Aromaölmassagetherapie, Fußreflexzonenmassage bis hin zur Verwendung von Salz und heißen Steinen. Bei einem 8-Stunden-Tag hat er in der Regel auch acht Kunden. Anstrengend, möchte man meinen. Aber Noroc erklärt, dass er zwischendurch regelmäßig Dehnübungen für die Finger macht. Außerdem achtet die Spa-Managerin bei der Terminvergabe auf Variationen bei den Massagearten, sodass etwa auf eine Sport- eine Aromamassage folgt. Besonders viel Kraft benötigt man übrigens bei einer klassischen Massage nicht. Viel wichtiger ist hierbei die Technik. „Auch wir kleinen Frauen können das“, so Wahry. Den ersten und dritten Platz bei der WM haben auch Frauen gemacht, nämlich die US-Amerikanerinnen Melissa Strautman und Nicole Koehler.
Smalltalk ist tabu
Während einer Massage kommt es schon einmal vor, dass die Menschen redselig werden. Der Vizeweltmeister hält jedoch nicht viel davon. „Am Anfang frage ich nur nach und erkläre, was ich genau mache. Für die Entspannung ist es besser, nicht zu reden.“ Und da jeder Körper anders ist, macht er auch nie zweimal die gleiche Massage. „Ich mache alles individuell, immer das Gleiche wäre mir auch zu langweilig.“
Masseur ist ein extrem körpernaher Beruf. Ekel vor ungepflegten Menschen empfindet der 49-Jährige dennoch nie. „Natürlich ist es, wenn jemand ungewaschen kommt, nicht sehr angenehm“, entgegnet hier jedoch Wahry. „Aber wir wissen uns zu helfen: Wir haben Kompressen und Waschbecken. Man kann auch auf ganz elegante Art so eine Kompresse am Anfang auf den Rücken legen, ohne dass das für den Kunden peinlich ist. Das ist sehr angenehm und warm. Man bekommt das schon hin.“
Gefahr bei unprofessioneller Massage
Wer hat nicht schon einmal seinen Partner um eine Massage gebeten? Allzu viel könne man laut Noroc dabei auch nicht falsch machen. Gefährlich werde es allerdings, wenn ungeschultes Personal Dienstleistungen anbietet. Auch Wahry bestätigt: „Wenn jemand keine Ahnung hat, kann schon einiges passieren. Es gibt bestimmte Stellen, an die wir nicht randürfen. Oder Vorgaben, in welche Richtungen wir massieren müssen. Wenn man das Zusammenspiel von bestimmten Vorerkrankungen und Massageregeln nicht kennt, kann das auch in die falsche Richtung gehen. Wenn etwa jemand niedrigen Blutdruck hat und man pumpt in die falsche Richtung, dann kann es zu Kreislaufproblemen kommen.“ Ein absolutes No-Go sind zudem Massagen bei Krebserkrankungen, da man den Krebs durch die Lymphe streuen könnte.
Massage wirkt wie Sport
„Eine Massage hat fast denselben Effekt wie Sport“, bekräftigt die Spa Managerin. Schließlich werde ja am Muskel gearbeitet, um ihn weich zu bekommen. Nebenbei Sport zu treiben und auf die Haltung am Schreibtisch zu achten, sei sehr wichtig. Eine konkrete Vorgabe, wie viel Sport sinnvoll ist, will sie aber nicht geben. „Man sollte sich nach den Problemen richten, die man hat und darauf achten, wie Sport leicht in den eigenen Alltag passt. Man soll auch nichts erzwingen.“
Auf die Frage, ob Noroc sich auch von anderen massieren lasse, antwortet er lächelnd: „Nur wenn ich Schmerzen habe. Also sehr selten.“ Für ihn sei das Massieren wie eine eigene Sportart, die ihn fit hält.
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