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Kaspar Stanggassinger legt sein Amt nieder

Ein Urgestein tritt ab: Neue Ära für die Almwirtschaft in Berchtesgaden?

Der scheidende Bezirksalmbauer Kaspar Stanggassinger wird von Bischofswiesens Bürgermeister Thomas Weber verabschiedet.
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Der scheidende Bezirksalmbauer Kaspar Stanggassinger wird von Bischofswiesens Bürgermeister Thomas Weber verabschiedet.

Kaspar Stanggassinger, liebevoll 'Kaspe' genannt, verabschiedet sich nach jahrzehntelanger Arbeit aus dem Vorstand der Bezirksalmbauernschaft Berchtesgaden. Sein Rückzug erfolgt in einer Zeit, in der die Zukunft der Almen ungewiss ist. Doch wer wird seine Nachfolge antreten?

Bischofswiesen –  Aus, Schluss, und jetzt ist es für den “Kaspe”, wie er von allen liebevoll genannt wird, auch tatsächlich vorbei: Kaspar Stanggassinger tritt nach mehr als drei Jahrzehnten aus dem Vorstand der Bezirksalmbauernschaft Berchtesgaden zurück. Ein Mann, der die Almwirtschaft in der Region geprägt hat wie kaum ein anderer, übergibt damit das Zepter in neue Hände. Die Zukunft der Almen gilt als schwierig. 

Kein einfacher Entschluss

Bei der Hauptversammlung der Almbauern und Sennerinnen im Brenner Bräu in Bischofswiesen wird es nochmal offensichtlich: Kaspar Stanggassinger fällt es wahrlich schwer, als Bezirksalmbauer aufzuhören. Den Wunsch dazu, den hatte er in der Vergangenheit zwar mehrfach geäußert, dann aber immer wieder zurückgezogen. Kein Wunder: Die Land- und die Almwirtschaft sind seine großen Steckenpferde. “Für viele von uns ist das Almleben Berufung. Die oft langen und anstrengenden Tage nimmt man nur in Kauf, wenn man den persönlichen Sinn dahinter sieht.” Des Geldes wegen tut man sich die viele Arbeit zumindest nicht an, weiß Stanggassinger. Mehrfach hatte er seine Entscheidung, den Posten des Bezirksalmbauers an den Nagel zu hängen, hinausgezögert - und schließlich dann doch immer wieder weitergemacht. Einen Nachfolger zu finden, gestaltete sich zudem schwierig. Mit Mitte 70 war es für ihn auch an der Zeit, die vielfältigen Aufgaben in neue Hände zu legen, ist sich der Landwirt sicher. 

Almensterben drängendes Thema

Bereits Ende der 1980er-Jahre war Stanggassinger Stellvertreter der Bezirksalmbauernschaft geworden. Der Posten ist auch deshalb wichtig, weil die Almbauern für die Landschaftspflege und den hiesigen Tourismus große Bedeutung haben. Den Vorsitz als Bezirksalmbauer bekam er dann Ende der 90er-Jahre zugesprochen. Stanggassingers Mission war von Anfang an klar: Die Bewahrung der traditionellen Strukturen der Almwirtschaft in Zeiten, in denen diese vor große Herausforderungen gestellt ist. Stanggassingers Credo lautete immerzu: Wenn die Bauern aufhören, sterben auch die Almen. Tatsächlich ist das Almsterben ein drängendes Thema, das die Landwirtschaft prägt und selbst auf politischer Ebene durchschlägt. “Wenn ihr nicht da wärt, würde unsere Region ganz anders aussehen”, sagt der Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes im Berchtesgadener Land, Hans Gruber. Er spielt gezielt auf die rund 2,5 Millionen Gästeübernachtungen pro Jahr an. “Die Urlauber kommen wegen unserer Landschaft - und lassen jedes Jahr rund 600 Millionen Euro in der Region”, weiß Gruber. 

Kühe auf der Alm: Die Landwirtschaft kämpft mit einem Rückgang der Almwirtschaft, Stangassinger arbeite dagegen.

Im Berchtesgadener Raum zeigt sich der sukzessive Rückgang der Almwirtschaft und der Almen in den vergangenen 150 Jahren drastisch. Der Verlust liegt bei über 1000 Hektar Almflächen und über 250 Almen und Kasern, weiß Almexperte und Altbürgermeister von Bischofswiesen, Toni Altkofer.  

Der Schutz und der Erhalt der Almflächen lag Kaspar Stanggassinger daher immer besonders am Herzen – ebenso wie die Interessen der Almbauern im Nationalpark Berchtesgaden, wo er als Vertreter im Beirat saß und um deren Probleme er Bescheid weiß. Der Nebenerwerbslandwirt war nicht nur lange Zeit Funktionär, sondern auch ein Mann der Tat. Auf seinem eigenen Hof, dem Egglerlehen in Bischofswiesen, arbeitete und arbeitet er noch immer unermüdlich – immerzu unterstützt von der Familie. Knapp 30 Stück Vieh und die Bewirtschaftung von zwei Almen fordern ihn bis heute – die Schwarzbachalmen als Niederalm, die Hochalm liegt auf der Anthaupten im Lattengebirge. 

Ist der Wolf ein Problem für die Almwirtschaft?

Was sich in all den Jahren verändert hat, ist die Summe an Herausforderungen, die für die Almwirtschaft prägenden Charakter haben. Das Thema Wolf beschäftigte ihn schon früh – seit mehr als zwei Jahrzehnten setzt er sich mit den Konsequenzen für die Weidewirtschaft auseinander, auch wenn das Thema mittlerweile ein leidiges, aber eben ein ungelöstes sei. Heute sagt Stanggassinger: “Wenn sich die Wölfe weiterhin vermehren, haben wir ein großes Problem. In anderen Bundesländern ist er bereits rudelweise vertreten.” Für die Tourismusregion Berchtesgaden könnte der Wolf, der sich immer wieder in der Berchtesgadener Region herumtrieb, schmerzhafte Konsequenzen mit sich bringen, sollte er hier in größerer Zahl heimisch werden oder gar ein Rudel bilden.

Um die drängenden Probleme der Almleute weiß auch Bischofswiesens Bürgermeister Thomas Weber Bescheid, der gemeinsam mit Landrat Bernhard Kern lobende Worte für den scheidenden Bezirksalmbauern hatte. Zu Dank verpflichtet für all die Jahre sei man, sagten beide.   

Weiterhin fester Bestandteil der Almbauernschaft - in beratender Funktion

Josef Glatz, Vorsitzender des Almwirtschaftlichen Vereins Oberbayerns, sagte, man brauche Leute wie Kaspar Stanggassinger, die keine Hand vor den Mund nehmen und offensichtliche Probleme auch als solche ansprechen. “Berchtesgaden ist für uns Almbauern ein wichtiges Pflaster”, so Glatz. Insofern sei der “Kaspe” einer gewesen, der immer Einsatz gezeigt hat - “und der alles getan hat, wenn es um die kleinen landwirtschaftlichen Familienbetriebe ging”. Dass die Almbauern trotz schlechter Lobby mittlerweile auf großes Gehör stoßen, zeigt sich Jahr für Jahr bei der Hauptalmbegehung, an der sich auch Vertreter der großen Politik beteiligen. Das Medieninteresse ist jedes Jahr enorm. 

Trotz seines Abschieds aus dem Amt bleibt der 75-Jährige fester Bestandteil der Almbauernschaft, aber eben mehr in beratender Hinsicht. Seinem Nachfolger wird er mit Rat und Tat weiterhin zur Seite stehen, das hat er bereits angekündigt. Denn die Probleme, die die Almbauern haben, werden nicht weniger. Das weiß auch Nachfolger Georg Fegg, einstimmig gewählter neuer Bezirksalmbauer in Berchtesgaden, der in der nächsten Zeit jede Menge zu haben wird. (kp)

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