Interview zum Weltkindertag am Mittwoch (20. September)
„Sie brauchen Liebe und Fürsorge“: Wenn Kinder nicht mehr bei den Eltern leben können
90 Kinder und Jugendliche leben derzeit im Caritas Kinderdorf Irschenberg. Häufig sind sie dort, weil das Leben in der Familie nicht mehr möglich ist. Wie es den Kindern geht, wenn sie in die Einrichtung kommen und welche Zukunftschancen sie haben, erklärt die neue Leiterin Pia Klapos im OVB-Interview.
Irschenberg – Kinder und Jugendliche, die nicht bei ihren leiblichen Eltern leben können, brauchen eine neue Heimat. Das 1972 gegründete Caritas Kinderdorf in Irschenberg will genau diese Heimat für junge Menschen bieten, wenn es anders nicht mehr geht. Neben den Kinderdorffamilien, die das Dorfgefüge mit mehreren Häusern bilden, bietet die Einrichtung umfangreiche Hilfsprogramme für Kinder, Jugendliche und deren Familien in der Region. Anfang September übernahm Pia Klapos die Leitung der Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung in Irschenberg. Sie folgt auf Wolfgang Hodbod, der nach 32 Jahren im April dieses Jahres in den Ruhestand gegangen ist. Im OVB-Interview verrät die 47-jährige Mutter von fünf Kindern, warum ihr die Leitung am Herzen liegt und was Kinder unbedingt brauchen.
Frau Klapos, mit welchen Gefühlen und mit welcher Motivation treten Sie die Leitung der Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung an?
Pia Klapos: Die Stelle der Dorfleiterin ist für mich eine persönliche Absichtserklärung und Herzensangelegenheit, mich vollkommen und auf Dauer auf das Kinderdorf einzulassen, ein wunderschöner Ort zu Arbeiten im Dienste der Kinder und Jugendlichen, sowie für die Mitarbeitenden. Ich möchte bedarfsorientiert gute Rahmenbedingungen schaffen, um so Weichen zu stellen für eine erfolgreiche strategische und konzeptionelle Weiterentwicklung des Kinderdorfes.
Was genau leistet Ihre Einrichtung?
Klapos: Unser Kinderdorf ist die Heimat von Kindern und Jugendlichen, die nicht bei ihren leiblichen Eltern leben können. Neben den Kinderdorffamilien, bieten wir umfangreiche Hilfsprogramme für Kinder, Jugendliche und deren Familien in der Region. Gerade das Zusammenleben von Kindern und Hauseltern und Erzieherinnen in unseren Kinderdorffamilien bietet für die Kinder optimale Bedingungen – einerseits ihre Selbstständigkeit zu fördern, andererseits auch ihnen Zukunftschancen zu eröffnen. Denn Kinder und Jugendliche brauchen Sicherheit und Geborgenheit, Liebe und Fürsorge.
Wie können Sie helfen, um die Zukunftschancen der Kinder zu verbessern?
Klapos: Durch das Zusammenleben in der Gemeinschaft gelingt es, Vertrauen aufzubauen und das Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl der Kinder zu stärken, welches ja die Basis auch für schulischen oder beruflichen Erfolg ist. Im Kinderdorf leben zirka 90 Kinder beziehungsweise Jugendliche in 13 Kinderdorfhäusern. Ausserdem haben wir ein sonderpädagogisches Förderzentrum mit derzeit 180 Schülern, eine heilpädagogische Tagesstätte, diverse Fachdienste und ein umfassendes ambulantes Angebot, um die Familien in der Region vor Ort zu unterstützen.
In welchem Alter kommen die Kinder zu Ihnen und wie lange bleiben Sie im Kinderdorf?
Klapos: Die Kinder sind in der Regel drei bis 18 Jahre alt. Die Verweildauer ist unterschiedlich und orientiert sich am individuellen Hilfebedarf der Kinder. Oberstes Ziel ist immer die Rückführung zu den leiblichen Eltern. Kindern, bei denen dies nicht möglich ist, bleiben so lange bei uns, bis weiterführende Hilfen passend zugeschnitten auf die Kinder und Jugendlichen erfolgen (Jugendwohngruppe, Betreutes Wohnen und so weiter).
Welche Umstände führen in der Regel dazu, dass Kinder überhaupt bei Ihnen landen?
Klapos: Wir geben Kindern ein Zuhause, welche aus unterschiedlichsten Gründen nicht in ihrer Herkunftsfamilie aufwachsen können. Häufigster Grund ist oftmals die Überforderung der Eltern, angemessen das Kind zu versorgen.
Und woran kann es liegen, dass Kinder auf lange Zeit oder nie mehr in die Herkunftsfamilie zurückkehren können?
Klapos: Wenn eine Situation einer Kindeswohlgefährdung gegeben ist.
Wie geht es vielen Kindern, die zu Ihnen kommen, und wie kann ihnen dann geholfen werden, ein möglichst „normales“ Leben zu führen?
Klapos: Unsere Kinder brauchen Verlässlichkeit, Struktur und das Gefühl, zuhause und angenommen zu sein.
Wie sehen Sie Ihre Einrichtung für die Zukunft gerüstet und spielt auch bei Ihnen der Personalmangel eine Rolle?
Klapos: Ich empfinde unsere Einrichtung als einen guten Ort zum Arbeiten. Es ist eine tolle Aufgabe, zur ganzheitlichen Erziehung unsere Kinder beizutragen und deren Entwicklung zu fördern in einem familiären Setting. Wir haben ein gute Teamzusammensetzung aus jungen und erfahrenen Mitarbeitenden. Das Betriebsklima ist hervorragend und wir wurden mehrfach als einer der besten Arbeitgeber Deutschlands ausgezeichnet. Wir freuen uns immer über neue Bewerbungen und stehen jederzeit für nähere Informationen zur Verfügung.