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Kommunen kämpfen mit hohen Flüchtlingszahlen

Enttäuschung vor dem Flüchtlingsgipfel – Erdings OB Max Gotz: „Berlin lässt uns im Stich“

Ukrainische Flüchtlinge steigen an einer Flüchtlingsunterkunft aus einem Bus. Nach Angaben von Jakob Ordner vom Landratsamt werden dem Landkreis Rosenheim seitens der Regierung von Oberbayern alle zwei Wochen rund 50 Flüchtlinge zugewiesen, die derzeit hauptsächlich aus der Ukraine, der Türkei, Syrien und Afghanistan stammen.  Für die Unterbringung würde der Landkreis gerne in Heufeldmühle eine Container-Anlage errichten.
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Ukrainische Flüchtlinge steigen an einer Flüchtlingsunterkunft aus dem Bus.

Viele Kommunalpolitiker sind schon vor dem Flüchtlingsgipfel enttäuscht. Erdinger OB Max Gotz kämpft mit fehlenden Unterkünften – und heftigem Protest.

Erding – Es brodelt gefährlich. Das wusste Max Gotz spätestens in dem Moment, als er die Flyer sah, mit denen die Bürgerinitiative zu einem Treffen einlud. Auf einem Foto sind grimmig blickende afrikanische Männer zu sehen. Im Text wird prophezeit, dass sich Frauen und Kinder bald nicht mehr auf die Straßen trauen werden. Diebstahl, Einbrüche und Drogenkriminalität würden bald Alltag werden. Der Erdinger Oberbürgermeister weiß, dass hinter diesem Flyer Ängste stehen, die er ernst nehmen muss. Aber den Ton und diese Stimmungsmache will er in seiner Stadt nicht zulassen. „Das ist einfach nur entsetzlich“, betont er.

„Doch jetzt finden wir keine geeigneten Immobilien mehr“: Erdings OB bemängelt fehlende Unterkünfte

Die Bürgerinitiative gibt es, seit die Stadt im Erdinger Ortsteil Bergham eine Asylunterkunft mit 200 Plätzen plant. Dort leben 500 Bürger. Das sei eine Dimension, die nicht vertretbar ist, findet die BI. Max Gotz hat lange versucht, die Menschen in kleinen dezentralen Unterkünften unterzubringen. Aktuell gibt es in Erding 58 kleine Flüchtlingsheime. „Das war bisher unsere Strategie“, sagt der CSU-Politiker. „Doch jetzt finden wir keine geeigneten Immobilien mehr.“ Ohne große Einheiten wird es nicht mehr gehen, betont er. Denn im Landkreis Erding kommen alle 14 Tage 50 bis 60 neue Geflüchtete an, die auf die Städte und Gemeinden verteilt werden. „Es wird nicht mal bei dieser einen großen Unterkunft bleiben“, prophezeit Gotz. Die Flüchtlingszahlen werden so schnell nicht sinken, er weiß, dass er dieses Jahr noch hunderte Menschen in seiner Stadt aufnehmen muss. Genau wie die meisten anderen Kommunen in Bayern.

Schon nach dem ersten Flüchtlingsgipfel im Februar war Gotz maßlos enttäuscht von der Bundesregierung. Und er weiß bereits jetzt, dass er es auch heute wieder sein wird, nachdem Kanzler Olaf Scholz (SPD) die Länderchefs empfangen hat. „Wir fühlen uns von Berlin nicht ernstgenommen“, sagt er. „Man hört uns nicht an und lässt uns komplett im Stich.“ Gotz hält es für völlig inakzeptabel, dass der Bund die Forderung abgelehnt hat, die Kommunen stärker finanziell zu unterstützen. „Viele Gemeinden sind verschuldet“, sagt er. „Und alle müssen eine Fülle von Aufgaben stemmen, zum Beispiel die Ganztagsbetreuung ab 2026 vorbereiten.“ Alle kämpfen mit einem angespannten Wohnungsmarkt – und mit Ängsten oder Sorgen bei den Bürgern.

„Es macht uns sprachlos“: Erdings OB Max Gotz fordert weitere finanzielle Unterstützung

Von Bundesinnenministerin Nancy Faeser gab es beim letzten Gipfel vor allem warme Worte. Von der versprochenen engeren Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen hat Gotz in Erding nichts gespürt. Am meisten aber ärgert er sich über Faesers Versprechen, der Bund werde auch eigene Immobilien mietfrei für die Unterbringung der Flüchtlinge zur Verfügung stellen und dafür die Sanierungskosten tragen. So eine Immobilie des Bundes gäbe es in Erding: den Fliegerhorst. Gotz hatte bereits im Dezember das Bundesverteidigungsministerium angeschrieben und gebeten, einen Teil des Areals wieder als Flüchtlingsunterkunft nutzen zu dürfen. Es war bereits seit Ende 2015 zur Erstaufnahmeeinrichtung umfunktioniert worden. „Dort könnten sofort mehrere hundert Menschen untergebracht werden“, betont er. Vor allem besser, als in Turnhallen oder Containerdörfern. Doch das Verteidigungsministerium schickte eine Absage.

Es macht uns Bürgermeister sprachlos, dass wir vom Bund keine weitere finanzielle Unterstützung bekommen.

OB Max Gotz

Die Unterbringung ist nicht das einzige Problem, das Gotz und seine Bürgermeisterkollegen bewältigen müssen. Ohne viele Helfer kann die Integration nicht gelingen, sagt er. Doch die Zahl der Ehrenamtlichen schrumpft. „Sie sind ausgebrannt“, sagt Gotz. Das Landratsamt Erding hat für die Integration 90 Stellen geschaffen. Aber das wird erstens nicht reichen, prognostiziert er. Und zweitens kostet es viel Geld. „Es macht uns Bürgermeister sprachlos, wenn wir jetzt hören, dass vom Bund keine weitere finanzielle Unterstützung kommt.“ Die Flüchtlingsgipfel nennt Gotz eine Farce.

Ihm bleibt vorerst nichts, als weiterhin nach Unterbringungsmöglichkeiten zu suchen – und die Stimmung in seiner Stadt zu beruhigen. Die Vertreter der Bürgerinitiative haben sich mittlerweile für ihre rassistisch klingende Wortwahl entschuldigt. Gotz will nun mit ihnen das Gespräch suchen. „Wir müssen gemeinsam einen Weg gehen, um diese Herausforderung zu stemmen“, sagt er. Diese Botschaft würde er sich auch aus Berlin wünschen.

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