Kommunales Carsharing startet
Ende Mai sollen in Tourismusregion Berchtesgadener Land erste E-Fahrzeuge per App zu mieten sein
Noch im Monat Mai wird in der Tourismusregion Berchtesgaden das Angebot des Carsharings eingeläutet.
Berchtesgaden - „Wir fangen mit drei E-Autos an”, weiß Kommunalpolitiker Michael Sturm. Ende des Jahres will die „Watzmann Natur Energie” bereits sechs Fahrzeuge anbieten. Gestartet wird mit je einem Pkw an den Rathäusern in Berchtesgaden, Schönau am Königssee und in Bischofswiesen. Anders als in der Großstadt sind die Hürden im ländlichen Raum deutlich größer.
Die „Watzmann Natur Energie”, ein Zusammenschluss der fünf südlichen Kommunen des Landkreis Berchtesgadener Land und zweier regionaler Energieversorger, darunter die Stadtwerke Bad Reichenhall, macht ernst. Der Energieversorger, dessen Vorsitz Schönau am Königssees Bürgermeister Hannes Rasp innehat, hatte bereits im vergangenen Jahr angekündigt, Carsharing in die Tourismusregion zu bringen. Spätestens Ende Mai soll es nun losgehen. Die ersten drei E-Autos sind bereits geliefert.
Gleich vorne weg: Ein Free-Floating-System wird es in Berchtesgaden und den Nachbargemeinden nicht geben. Bedeutet: Das Fahrzeug kann nach Nutzung nicht einfach an Ort und Stelle abgestellt, sondern muss zum Ausgangspunkt zurückgebracht werden.
„So ein System funktioniert nur in der Großstadt, nicht aber auf dem Land”, weiß Michael Sturm. Die Wege in der ländlichen Region seien zu weit. Hinzu kommt: Ein Großteil der Landbevölkerung hat einen eigenen Pkw. Die Hoffnung der Touristiker: Zweit- und Drittautos langfristig zu reduzieren. Das Carsharing ist ein Teil mehrerer Maßnahmen, die das Angebot in der Region verbessern sollen.
Ganz klein wolle man im Berchtesgadener Talkessel beginnen, sagt Michael Sturm, zunächst an den drei Rathäusern. „Im Laufe des Jahres sollen auch die Rathäuser in Marktschellenberg und Ramsau je ein Auto erhalten. Ein zweites Fahrzeug wird es zudem in Bischofswiesen geben.” Dieses wird im Laufe des Jahres an der Sparkasse in Bischofswiesen stationiert sein.
Das Carsharing-Angebot wird über eine App in Anspruch genommen werden können. Die Tourismusregion Bergerlebnis hat sich für den Anbieter “MOQO” entschieden, der die Mobilitätsplattform zur Verfügung stellt. „Mit einer App kann man das Auto anmieten, den Führerschein hochladen, das Auto aufsperren, buchen und am Ende bezahlen”, weiß Michael Sturm, der sich seit langem mit neuen Verkehrslösungen für den Berchtesgadener Talkessel befasst.
Dass das Car-Sharing kein Selbstläufer sein wird, weiß man in der Tourismusregion Bergerlebnis. „Deshalb sind die Fahrzeuge zunächst auch stationär vor den Rathäusern geparkt.” Mitarbeiter der Rathäuser könnten die Fahrzeuge dann für Dienstfahrten nutzen: „Das sorgt für eine gewisse Grundauslastung.” Das Ziel sei, dass immer mehr Bürger auf das Angebot zurückgreifen. Weil Rathäuser zentral gelegen sind, erhofft man sich von der Standortwahl den bestmöglichen Nutzen.
In Berchtesgaden orientiert man sich dabei am „e-Alois”, jenem Carsharing-Angebot der Ammer-Loisach-Region. Auch preislich sollen die Regionen nicht weit auseinander liegen. Die Gebühr für die Nutzung eines ID3 von VW kostet dort pro Stunde 6,90 Euro, inklusive Energie, 20 Kilometer sind zudem inkludiert. Jeder weitere Kilometer wird mit 29 Cent berechnet. „In dieser Preisregion werden auch wir uns bewegen”, weiß Michael Sturm.
Im Angebot sieht Sturm großes Potenzial. So könnten langfristig in Wohnsiedlungen oder den hiesigen Gewerbegebieten eigene Fahrzeuge stationiert werden, die von den Bewohnern genutzt werden. Ob Hotel, Bahnhof oder Kliniken: „In anderen Regionen arbeiten solche Einrichtungen bereits mit dem Carsharing-System”, weiß Sturm.
Kreispolitiker Dr. Bernhard Zimmer weiß: In Piding sollen an der Mehrzweckhalle sechs Ladepunkte geschaffen werden. Bis zu zwei E-Autos sollen dort in Zukunft für die allgemeine Nutzung zur Verfügung stehen.
Dass es viel Überzeugungsarbeit benötigt, ist den Touristikern durchaus bewusst: Im Ländlichen sind Bürger auf kurzfristig verfügbare Fortbewegungsmittel angewiesen. Nirgends ist die Dichte an Fahrzeugen pro Familie größer. Die ÖPNV-Verbindungen können das eigene Fahrzeug bislang nicht ersetzen.
„Klar, das eigene Auto ist unschlagbar”, sagt auch Michael Sturm. Die eigene Komfortzone zu hinterfragen, das sei das Ziel. „Wenn ich ehrlich bin, bewege ich mein eigenes Auto am Tag keine halbe Stunde lang”, sagt Sturm. Den Rest der Zeit sei sein Auto kein „Fahr-, sondern ein Standzeug”
kp