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Illegale Müllgeschäfte: Bewährungs- und Geldstrafe gegen Inhaber von Eittinger Firma Wurzer
Illegale Machenschaften bei Wurzer Umwelt in Eitting: Inhaber Wolfgang Wurzer hat einen Strafbefehl akzeptiert, in dem eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten auf Bewährung und die Rückzahlung von rund einer halben Million Euro enthalten sind. Es geht unter anderem um unerlaubten Umgang mit Abfällen.
Eitting – Es ist ein Riesenunternehmen, eines der größten im Landkreis Erding. Entsprechend mächtig sind nun die Gewitterwolken, die sich über dem Betriebsgelände der Wurzer Umwelt GmbH in Eitting zusammenbrauen. Eine Razzia im Dezember 2020 hatte bereits ihre Schatten vorausgeworfen auf das, was nun öffentlich bestätigt ist: Bei Wurzer hat es illegale Machenschaften gegeben. Wolfgang Wurzer, der ehemalige Geschäftsführer und zusammen mit seinem Vater Franz weiterhin alleiniger Eigentümer, hat einen Strafbefehl akzeptiert, der damit rechtskräftig ist.
Wie Recherchen unserer Redaktion ergeben haben, erließ das Amtsgericht Erding vergangenen November auf Antrag der Staatsanwaltschaft Landshut einen Strafbefehl gegen Wolfgang Wurzer. Darin enthalten: eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten auf Bewährung und die Rückzahlung von Erträgen aus illegalen Geschäften in Höhe von einer halben Million Euro, die Wurzer aus seinem Privatvermögen bezahlt.
Im Strafbefehl ist die Rede von unerlaubtem Betreiben von Anlagen in zehn Fällen, illegalem Umgang mit Abfällen und von wettbewerbsbeschränkender Absprache bei Ausschreibungen. Diese Manipulation bestreitet Wurzers Anwalt jedoch.
Die Ermittlungen, bis dieser Strafbefehl stand, waren aufwendig: Die Ermittlungsakte umfasst sieben Umzugskartons mit insgesamt 32 Bänden Akten. Vor rund zweieinhalb Jahren sorgte besagte Razzia für Aufsehen. Wie berichtet, waren über 100 Beamte des Landeskriminalamts und der Staatsanwaltschaft Landshut im Einsatz. Der Bayerische Rundfunk berichtete damals darüber, die Firma könnte über mehrere Jahre asbesthaltigen Abfall, Klärschlamm und belastetes Altholz falsch gelagert oder entsorgt haben. Zudem sollen laut BR Entsorgungsanlagen nicht ordnungsgemäß genutzt und Kapazitäten überschritten worden sein. Die Staatsanwaltschaft war über einen Hinweisgeber auf das Unternehmen aufmerksam geworden.
Die Staatsanwaltschaft ermittelte nicht nur gegen Wurzer junior, sondern auch gegen sieben weitere Mitarbeiter. Die Verfahren gegen sie stellten die Landshuter Ermittler jedoch ein. Über den akzeptierten Strafbefehl berichtete zunächst die SZ.
Wolfgang Wurzer gab Posten knapp ein Jahr nach Razzia ab
Mitten in die Zeit der Ermittlungen fiel der Rückzug des Geschäftsführers: Wolfgang Wurzer gab seinen Posten knapp ein Jahr nach der Razzia ab. Auf Nachfrage beteuert sein Anwalt noch heute, dass dieser Schritt nichts mit den Ermittlungen zu tun habe. Wurzer habe vielmehr schon länger geplant, der Firma im täglichen operativen Geschäft nicht mehr zur Verfügung zu stehen.
Wurzer hat sich laut Strafbefehl mit einem vermeintlichen Mittäter aus dem Abfallbereich abgesprochen, gegen den die Staatsanwaltschaft noch ermittelt. Sie stützt sich auf einen Chatverlauf aus dem Jahr 2020. Wurzers Anwalt hält dagegen: Es habe keine wettbewerbswidrige Absprache gegeben. Doch warum hat sein Mandant dann den kompletten Strafbefehl akzeptiert?
Der Anwalt erklärt dazu, dass eine Gegendarstellung im Strafbefehlsverfahren nicht vorgesehen sei. Es gelte vielmehr „ganz oder gar nicht“. Wurzer „konnte den Strafbefehl zum Abschluss des Verfahrens nur ganz annehmen – oder eben nicht“, so sein Anwalt. Ein Einspruch wäre in jedem Fall möglich gewesen, erklärt dazu die Staatsanwaltschaft, dann hätte es eben ein Verfahren gegeben. Ob Wurzer auf ein solches lieber verzichtet hat, damit seine Verurteilung nicht an die Öffentlichkeit gerät?
Wurzers Anwalt betont, dass das Unternehmen im Rahmen eines Selbstreinigungsprozesses auf eine von besagter Absprache vermeintlich benachteiligte „Institution aktiv zugegangen“ sei. „Seitens dieser Institution wurde der Wurzer Umwelt GmbH bestätigt, dass es auch aus ihrer Sicht bei der Ausschreibung im Jahr 2020 zu keiner Absprache gekommen ist und darüber hinaus der Institution auch kein Schaden entstanden ist“, so Wurzers Anwalt.
Pikant ist der Fall freilich auch, weil das rund 400 Mitarbeiter zählende Unternehmen in den vergangenen Jahrzehnten mit diversen Landkreisen im Großraum München zusammengearbeitet hat beziehungsweise das nach wie vor in großem Stil tut. Ob man hier nun einfach so weitermachen kann, als wäre nichts gewesen? Aus dem Erdinger Kreistag gibt es bereits Stimmen, die von einem erschütterten Vertrauensverhältnis sprechen. „Selbstverständlich werden wir das prüfen“, sagte Landrat Martin Bayerstorfer unserer Zeitung. Der zuständige Sachbereich sei dran, auch der betreffende Kreistagsausschuss werde sich des Themas annehmen. Zum aktuellen Zeitpunkt sei es aber noch schwierig, Genaueres zu sagen. Unter anderem wollen auch die Landkreise Ebersberg, Freising und Dachau ihre Kooperationen prüfen. Die Kreistags-Grünen fordern Konsequenzen (Bericht folgt).
Unternehmen zu lax kontrolliert? Erdinger Landratsamt widerspricht – Viele Verträge
Die Zahl der Kooperationen der Wurzer Umwelt GmbH und diverser Landkreise im Großraum München ist groß. Alleine der Kreis Erding hat einige Verträge mit Wurzer als Auftragnehmer. Dazu gehört die Verwertung von Biomüll, die zum Jahresende ausläuft und aktuell neu ausgeschrieben wird.
Weitere Kontrakte betreffen Sammlung und Verwertung von Grüngut, unbehandelten Hölzern, Sperrmüll, behandelten Holzabfällen, außerdem geht es um Folien und Hartkunststoffabfälle sowie die Zerkleinerung von holzigen Gartenabfällen vor Ort. Auch Letzteres läuft heuer aus. Und im Bereich Naturschutz führt Wurzer Landschaftspflegemaßnahmen durch.
Kritik, dass Umweltämter oft zu laxe Kontrollen durchführen würden, lässt die Erdinger Behörde nicht gelten. „Das Sachgebiet Immissionsschutz ist weiterhin der Auffassung, die Firma Wurzer Umwelt GmbH mit der nötigen Sorgfalt kontrolliert zu haben. Dies begründet sich unter anderem auf die Tatsache, dass in den letzten Jahren die Überwachungen unter anderem gemeinsam mit dem umwelttechnischen Personal der Regierung von Oberbayern stattgefunden haben“, so das Landratsamt auf Nachfrage. Es sei gängige Praxis, die vorgeschriebenen Überwachungen anzukündigen, damit vor Ort Ansprechpartner anwesend seien. Erst bei einer Beschwerde würde die Kontrolle anlassbezogen und unangekündigt erfolgen.
Wurzer betreibe auf dem Betriebsgelände sechs nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz genehmigungsbedürftige Anlagen. Von 2018 bis 2022 seien 15 turnusmäßige Vor-Ort-Begehungen von der Immissionsschutzbehörde durchgeführt worden. „Dabei wurden keine Beanstandungen festgestellt.“ mas
Geht es nach dem Unternehmen selbst, hat es bereits Konsequenzen gezogen. Laut Anwalt hat man „äußerst umfangreiche Umstrukturierungsmaßnahmen in personeller und organisatorischer Hinsicht vorgenommen“. Und ohnehin: Man habe „von Anfang an mit der Staatsanwaltschaft Landshut umfassend kooperiert“. Und wenn andere Institutionen oder Geschäftspartner wegen der Ermittlungen auf das Unternehmen zugegangen seien, habe man „den Sachverhalt jederzeit transparent dargestellt“.
Der Imageschaden ist so oder so riesig. Oder etwa nicht? Wurzers Anwalt sieht es jedenfalls anders. Man habe „bisher keinen nachhaltigen Imageschaden feststellen“ können. Die Partner wüssten, dass man weiterhin „mit größter Sorgfalt die erteilten Aufträge ausführt“.
Kommendes Jahr wird die einst in Gaden gegründete Firma 40 Jahre alt. Wie dann die Großwetterlage sein wird, ist noch nicht bekannt.