Romanautorin Lisa Graf aus Berchtesgaden
Letzter Teil der Dallmayr-Trilogie erschienen – Erfolgsdruck für neue Romanreihe?
Lisa Graf ist Romanautorin, und das auch sehr erfolgreich. Mit ihrer Dallmayr-Trilogie hat sie allein über 250.000 Exemplare verkauft. Auch eine neue Trilogie der einstigen Krimiautorin ist bereits in Planung.
Berchtesgaden - Die Bestsellerformel scheint Lisa Graf für sich entdeckt zu haben: Mit ihrer Romanreihe über das Münchner Delikatessenhaus Dallmayr hat die Berchtesgadener Autorin bereits mehr als 250.000 Exemplare verkauft. Sie tummelt sich weit oben in den Verkaufscharts. In digitalen Zeiten setzen die Käufer weiterhin auf Lesestoff in Papierform. Wie groß ist der Druck, auch in Zukunft abzuliefern?
Zufriedener könnte Lisa Graf nicht sein über ihren Erfolg und die Resonanz, auf die sie mit ihren Romanen getroffen ist. Die Aufmerksamkeit für sie als Buchautorin ist deutlich gestiegen, seitdem sie vom Schreiben von Krimis zum historischen Roman gewechselt hat. Die Geschichten rund um das traditionsreiche Münchner Feinkostgeschäft Dallmayr und die spätere Kaffeerösterei ist auf breites Interesse gestoßen, nicht nur in München und Bayern, sondern bundesweit. Allein vom ersten Band der Trilogie haben sich über 140.000 Bücher verkauft. Das eBook wurde mehr als 30.000 Mal bestellt und das Hörbuch, gelesen von Susanne Schroeder, über 11.000 Mal.
Wirtschaftliche Sicherheit
„Natürlich freut mich der riesige Erfolg“, sagt Lisa Graf. „Er beschert mir eine gewisse wirtschaftliche Sicherheit und ich kann tatsächlich gut vom Schreiben leben.“ Über Familienunternehmen, die wie Dallmayr seit über hundert Jahren erfolgreich wirtschaften, lässt sich auch Zeitgeschichte gut vermitteln. Anhand von Geschichten über historische und erfundene Personen geht das lebendiger und weniger trocken als in einem Geschichtsbuch.
Es ist sozusagen die Alltagskultur, die die Autorin in ihren Romanen erzählt. „Die Leserinnen und Leser lieben offenbar solche Stoffe“, sagt Lisa Graf. „Ich verfolge die Unternehmensgeschichte von den Anfängen Ende des 19. Jahrhunderts bis zum Höhepunkt 1912, als das große Haus in der Dienerstraße gebaut wurde, über den Ersten Weltkrieg und die Weltwirtschaftskrise bis zum Zweiten Weltkrieg, bis zur Bombardierung der Münchner Innenstadt und zum Wiederaufbau nach dem Krieg. Das sind entscheidende und spannende Zeiten, die das Unternehmen, größtenteils unter der Führung einer Frau, überstanden musste.“
Achtung, Spoiler
Der nun veröffentlichte dritte Band setzt im Jahr 1933 ein - und endet zwölf Jahre später mit dem Kriegsende 1945. Matriarchin Therese Randlkofer ist verstorben, Sohn Paul befindet sich auf der Suche nach einem neuen Standbein für das Unternehmen: Es ist der Startschuss für die Kaffeerösterei in München. Den Grundstein hat ein junger Kaffeeröster aus Bremen gelegt. Dass Lisa Graf die Kriegsjahre nicht ausblendet, darüber zeigt sich nicht jeder Leser oder jede Leserin erfreut. „Das Thema gehört aber in diese Zeit, das wollte ich nicht ausklammern. Ich schildere diese dunklen Jahre aus der Sicht meiner Figuren und soweit es sie persönlich betrifft“, sagt Lisa Graf.
Seitdem sie als Buchautorin Bekanntheit erlangt hat, erhält sie regelmäßig viele Zuschriften. Meist sind es positive Nachrichten mit Glückwünschen, Gedanken und Empfindungen beim Lesen. „Es ist aber klar, dass nicht jedem alles gefällt“, sagt die Wahl-Berchtesgadenerin mit Passauer Wurzeln. Ein Großteil ihrer Leserschaft ist weiblich, zu ihren Lesungen kommen aber auch viele Männer. Auch wenn viele sich wünschen, dass die Trilogie fortgesetzt wird, muss die Autorin ihre Leser in diesem Punkt enttäuschen. Mit Kriegsende endet auch die Dallmayr-Geschichte. Paul und seine Frau Lotte stehen vor der Ruine ihres Hauses, und treffen dann die Entscheidung, dass sie das Haus und das Geschäft wieder aufbauen werden.
„Ich bin Schriftstellerin, nicht Chronistin“
„Noch näher an die aktuelle Zeitgeschichte heranzugehen, wäre mir allein wegen der Persönlichkeitsrechte eventuell noch lebender Personen zu heikel geworden“, sagt die Autorin. „Auch wenn die künstlerische Freiheit meist über den Persönlichkeitsrechten steht, solange man niemanden verunglimpft oder verleumdet.“ Den Anspruch, eine Firmenchronik zu schreiben, hatte Lisa Graf nie: „Ich bin Schriftstellerin, nicht Chronistin. Auch nicht die Dallmayr-Chronistin. Es ist also gut, dass die Reihe 1945 endet.“
Mit dem Erfolg steigen auch die Erwartungen an die Autorin. Sowohl von Seiten der Leserschaft, als auch von Seiten ihres Verlags Penguin Random House. Ihre erfolgreiche Zusammenarbeit soll auch weiterhin fortgesetzt werden. Mit ihrer Dallmayr-Trilogie hat sich die Autorin eine Zielgruppe erarbeitet, die ihr, so hofft sie, auch beim nächsten Werk treu bleibt.
Neue Projekte werden bereits geplant
„Wir haben bereits neue Projekte besprochen und gemeinsam einen Stoff ausgewählt.“ Erneut soll es ein Dreiteiler werden, erneut soll ein bekanntes Familienunternehmen im Mittelpunkt stehen, dessen Geschichte noch weiter zurückreicht als die von Dallmayr und das immer noch erfolgreich und international agiert. Mehr darf Lisa Graf noch nicht darüber verraten. Sie ist schon eifrig am Recherchieren. „Für meine Geschichten brauche ich aber nicht nur historische Fakten, sondern vor allem Figuren, an denen man exemplarisch bestimmte zeitgeschichtliche Lebensläufe darstellen kann“, sagt Lisa Graf.
Weil ihre weibliche Zielgruppe auch gerne über Frauen liest, sind auch die Personen von Bedeutung, die im 19. Jahrhundert allzu häufig nur im Hintergrund der oft männerdominierten Familienunternehmen standen. „Es fehlte eine Lobby für die Frauen: Ich muss also auch bei den Leerstellen in den Genealogien und Familienstammbäumen ansetzen“, sagt Lisa Graf. „Das ist eine Herausforderung.“
Sich dem Erfolgsdruck allzu sehr aussetzen möchte die Autorin nicht. „Ich schreibe immer so gut, wie ich es kann“, sagt Graf. Mit dem neu gewonnenen Publikum habe sie aber immerhin einen großen Stamm an Lesern, „denen meine Art, Geschichten zu erzählen, gefällt“.
Neue Reihe soll bereits im Herbst 2024 erscheinen
Lisa Grafs erster Band der neuen Reihe soll bereits im Herbst kommenden Jahres erscheinen - und dann wieder im Jahresrhythmus. „Der Herbst ist eine gute Zeit, da wird gerne und viel gelesen.“ Fast täglich widmet sie sich dem noch unbekannten Titel. Auf La Palma machte sie kürzlich zwei Wochen Schreiburlaub, „der war wirklich effektiv“. Im Januar wird sie wieder auf Recherchereise gehen, diese Freiheit hat sie mittlerweile.
Sich auf dem Erfolg auszuruhen, hat die Autorin aber nicht vor. „Romane zu schreiben ist das, was mir am meisten Freude bereitet“, sagt sie. Das Bedürfnis nach einer Pause? Verspürt sie nicht. „Wenn es mir doch manchmal zu viel wird, gehe ich auf den Berg und lasse mir den Kopf durchpusten.“ Runter ins Tal kommt sie meist mit frischen Ideen. Die Lust am Schreiben ist dann schnell wieder zurück.
kp